INTERRAILTOUR 2000
Frankreich, Spanien, Marokko und Portugal
Es begab sich im Sommer 1998, dass sechs tapfere, unerschrockene jugendliche
loszogen, um ihr Glück in Skandinavien...
Stop! Nein, das ist falsch. Das war vor zwei Jahren. Mittlerweile schreiben
wir das Jahr 2000 und es ist wieder soweit. Zeit für eine neue Interrailtour.
Diesmal sind es allerdings nicht sechs tapfere, unerschrockene Jugendliche,
sondern nur noch vier. Marco, Sebl, Martin und ich. Philip und Ulf fallen leider
aus.
Natürlich sind wir mittlerweile viel erwachsener und vernünftiger geworden.
Wir werden uns nicht mehr in ein planloses, chaotisches und selbstmörderisches
Abenteuer in Skandinavien stürzen. Nein. Sondern in ein planloses, chaotisches
und selbstmörderisches Abenteuer in den Pyrenäen und Marokko. Genau. Unsere
Reise führt uns diesmal nach Frankreich, Spanien, Portugal, Andorra und Marokko.
Dieses Buch enthält (wie sein Vorgänger auch) Tagesberichte,
Wegbeschreibungen und lustige kleine Anekdoten unserer Interrailtour.
Tag 1, Sa., 29.07.2000
Wir sitzen gerade im Zug und befinden uns in der Nähe von... Keine Ahnung.
Scheißstift.
So, weiter. Also wir haben jetzt was weiß ich wieviel Uhr, und wir sind
bereits in Frankreich und fahren nach Lyon. Die meiste Zeit schlafen wir, oder
fotographieren Leute, die wiederum schlafen.
Na ja, jedenfalls sind wir heute morgen um 4.46 Uhr losgefahren, was auch
unsere Müdigkeit erklärt. Ach ja, was man wissen sollte wenn man Zug fährt, ist
folgendes: wenn der Zug am Bahnhof steht, sollte man nicht auf die zuginterne
toilette scheißen gehen. Die Spülung funktioniert dann nämlich nicht. Das habe
ich nicht gewusst. Was man im Zug ebenfalls nicht machen sollte, ist in sein
Tagebuch schreiben, weil es die ganze Zeit so wackelt, dass es nachher sowieso
keine Sau lesen kann.
Mehr darüber später.
Sebl hat gerade ein Kind über den Haufen gerannt und dabei ultra cool
geguckt.
Martin:
Bei der zweiten Kontrolle unserer Fahrkarten meint Marcus: Vous déjà vu. Was
übersetzt heißt: Sie schon gesehen. Marcus meint weiter das wäre
Bimbo-Französisch wie in so’nem Film in nem Schwarzen.
Der Film heißt: Angst essen Seele auf. Und Marcus hat alles ganz anders
formuliert.
Marco:
Fehler im Prolog: Wir fahren nicht nach Andorra (Andri und Barblin besuchen.
Martin:
Wir sind gerade durch Orange gefahren, eine Stadt irgendwo in Frankreich. Das
war der Grund für das Wortspiel: von Roth nach Orange. Beide Siedlungen haben
übrigens nichts mit der jeweiligen Farbe gemeinsam und bei Anspielungen
reagieren beide ähnlich gereizt. Wie Lieblos.
Sebl:
Wir haben jetzt schon Montag, den 31.7.00, es ist 15.ebbes Uhr, wir liegen am
Lac de Gaube in den Pyrenäen und kochen uns ein Süppchen. Aber dazu später mehr.
Jetzt erst mal ein Bericht von Samstag Abend und Sonntag. Da sind wir leider
nicht zum Schreiben gekommen. Samstag sind wir um 22.21 Uhr in Toulouse
angekommen. Dort haben wir erst mal die Wohnung von Isabelle Houille gesucht.
Die haben wir auch gefunden, aber Isabelle war nicht da. Wer hätte das gedacht!
Eigentlich jeder.
Danach sind wir noch ein wenig orientierungslos durch Toulouse gestolpert,
bis wir ein billiges Hotel gefunden haben. Zum Abschluss des Tages sind wir noch
gemütlich ein Bier trinken gegangen.
Französinnen sind übrigens recht hübsch. Im Zug haben wir vier uns gebattelt,
wer das hübscheste Mädel im Abteil ist. Albern, aber witzig. So um 2.00 Uhr war
der Samstag beendet, wir fielen in unsere confortionösen Betten. Das Bad hatte
übrigens das Ausmaß einer Telefonzelle.
Marcus:
Wir haben beschlossen auf unserer Reise Action-Punkte für krasse Aktionen zu
vergeben. Oder point d’action wie der Franzose sagt. Solche Punkte gibt es z.B.
für Sprünge aus sehr großer Höhe, hübsche Mädels anbaggern und zum massieren
überreden oder einem Schwarzen Sonnencreme anbieten.
Tag 2, So. , 30.07.2000
Marcus
Tja, wir sind aufgestanden, haben geduscht und gefrühstückt. Dann zum Bahnhof
Hacki-Sack spielen. Um 13.54 Uhr sind wir in den Zug Richtung Lourdes
eingestiegen. Die Fahrt haben wir Wizard spielend und schlafend im Gepäckwaggon
verbracht. Um 17.10 Uhr sind wir in Lourdes angekommen
Sebl:
Schöne Stadt, Sonne warm, viele Touristen (Pilgerer). Haben diese ominöse
Wallfahrtsstätte besucht (La Grotte). Übelster Nepp, aber lustig anzuschauen.
Haben uns überlegt, ob wir einen von uns mit dem Rollstuhl hinschieben, der dann
aufsteht und schreit Ich bin geheilt! Das hätte derb viele Action-Punkte
gegeben.
Haben dann noch eingekauft und uns in einen kleinen Park gelegt um zu essen.
Da haben wir Laurant getroffen, einen Clochard, der uns mit allerlei Zeugs
zugetextet hat.
Um 17.15 Uhr sind wir mit dem Bus nach Cauterets gefahren und haben unsere
Pyrenäen-Tour begonnen.
Marcus:
Ja, stimmt. Wir sind abends von Cauterets losgelaufen und konnten so schon
ein paar Eindrücke in Sachen Pyrenäen sammeln.
Wasserfälle, steil ansteigende, steinige Pfade, recht viele Bäume und
Vegetation und erstaunlich viele andere Wanderer und Touristen. Übernachtet
haben wir hinter einer Brücke neben einem Denkmal und zwar unter freiem Himmel.
Soviel zu Tag 2.
Tag 3, Mo. , 31.07.2000
Marcus:
Dieser Tag begann mit frühstücken, zähneputzen usw., sollte aber noch recht
anstrengend werden. Jeder von uns hat mehr als 20 Kilo Gepäck zu tragen und die
Steigungen sind sehr krass. (Marco wird später noch mal die zurückgelegten
Höhenmeter dokumentieren). Die erste größere Station des Tages war der Pont
d’Espagne. Hier gab es noch sehr viele Touris, da man dieses Reiseziel von
diversen Parkplätzen als Tagesausflug erreichen kann.
Wir jedenfalls haben am Pont d’Espagne unser vorerst letztes Bier getrunken.
Und dann weiter zum Lac de Gaube (ebenfalls ein beliebter Treffpunkt für
Wanderer). Der Lac de Gaube ist im übrigen sehr schön. Ein türkisblauer See, in
den viele kleine Flüsse und Bäche einmünden, die durch eine Graslandschaft
fließen. Wirklich eine Top-Landschaft. Wir haben diesen Ort dann auch für eine
lange Nachmittagspause genutzt. Sehr angenehm.
Dann weiter Richtung Refuge des Oulettes de Gaube. (Eine Zufluchtsstätte
ähnlich wie die Fjällstationen in Schweden.) Der Weg war beschwerlich und
anstrengend. Wir essen und trinken relativ wenig. Jedenfalls haben wir unsere
Zelte in einem grünen Tal mit vielen Bächen unterhalb des Refuges aufgeschlagen.
Über uns die Gipfel des Vignemale (3289m!) mit seinen Gletschern. Sehr
beeindruckend.
Aber nun genug geschwelgt. Des nachts wurden wir dann noch von einer Gruppe
randalierender Punk-Schafe belästigt.
Tag 4, Di., 1.8.2000
Martin:
Von unserem lieblichen Lagerplatz brechen wir auf, schrecken ein paar
Murmeltiere auf und steigen zum Pass auf. Dreimal auf in einem Satz ist auch
recht viel. Zumindest wurde dieser Aufstieg äußerst strapaziös. Entschädigt
wurden wir durch beeindruckende Landschaft und die Tatsache, dass dieser
Abschnitt sehr gering frequentiert wird. Während des Aufstieges konnten wir auch
die Abbruchstelle des Gletschers sehen, von dem sich gestern abend eine Lawine
gelöst und zu Tal gedonnert war.
Marcus:
Außerdem lässt sich sagen, dass der Weg zum Refuge
Bayssellance (unserem Tagesziel) sehr hart war. Zwar nicht lang aber anstrengend
und auch recht gefährlich. Am Ende war es verdammt steil und der Pfad bestand
eigentlich nur aus Geröll und rutschiger Erde, so dass wir mehr oder weniger
geklettert sind statt gegangen. Mit unserem Gepäck hätte ein Sturz tödlich sein
können. Aber wir sind ja doch heil im Refuge Bayssellance angekommen.
Wir haben Kaffee bzw. heiße Schokolade getrunken, haben in eine Schlucht
gekackt (Sebl hat so was ähnliches wie Durchfall), Martin und ich sind auf einen
etwas entfernten Hügel gestiegen was wiederum dazu geführt hat, dass wir es
nicht geschafft haben, unser Zelt aufzubauen bevor es anfing zu regnen.
Nun ja, jetzt sind wir im Zelt. Es ist 21.30 Uhr und wir sollten bald
schlafen, da wir morgen evtl. vorhaben den
Petit Vignemale (3032 m) zu besteigen. Mit Leicht-Gepäck. Momentan befinden wir
uns auf 2651 m. Unser aller Kreislauf ist übrigens ziemlich gestört wegen der
Höhe.
Na ja, gute Nacht.
Es ist 03.10 Uhr morgens. Draussen herrscht das Chaos. Martin und ich mussten
raus gehen um die Heringe neu zu stecken und die Schnüre nachzuspannen. Ziemlich
krass dieser wind. Zuhause würde man so was als Sturm bezeichnen. Hoffentlich
hält das Zelt.
Marco und Sebl scheint es gut zu gehen. Sie sind auch wach.
Sebl:
Hier schreibt Sebl. Zu Beginn eine Richtigstellung: Ich hatte keinen
Durchfall! Schlecht recherchiert. Zugegeben habe ich behauptet, welchen zu
haben. Aber dass heisst ja noch lange nicht, dass ich wirklich welchen habe.
Während bei Martin und Marcus das Zelt zusammengebrochen ist, haben Marco und
ich übrigens gemütlich Zigarette geraucht und Musik gehört. War trotzdem eine
beschissene Nacht.
Marco hat übrigens den ersten Action-Punkt kassiert. Er ist auf 2700 m um 3
Uhr nachts bei Windstärke 9 Pinkeln gegangen.
Momentaner Action-Punkt-Stand:
Martin: 0
Marcus: 0
Marco: 1
Sebl: 0
Hindus:< 1
Marcus:
Nachts hat uns übrigens wieder eine Gruppe Punk-Schafe heimgesucht. Die haben
unsere Töpfe durcheinandergeworfen und Radau gemacht.
Aber jetzt zu Tag 5. Wie geplant haben wir nach einem sehr kargen Frühstück
den Petit Vignemale bestiegen. Wie schon erwähnt 3032 m. Es war ultrakrass. Wir
haben ca. 2 Stunden gebraucht. Die Höhe des Petit Vignemale ist schon sehr
beeindruckend. Wir haben dann noch ’ne Menge Fotos gemacht. Es sind auch noch
einige andere Leute hochgestiegen, unter anderem auch eine Nonne (!).
Nun ja, jedenfalls erhält jeder von uns für die Besteigung des Petit
Vignemale den Titel Gipfelstürmer und außerdem 1 Action-Punkt.
Stand:
Martin: 1
Marcus: 1
Marco: 2
Sebl: 1
Hindus: 1
Martin:
Nach dem Petit Vignemale ging’s zurück zum Basislager, von wo wir nach einer
(für Sebl 100 Franc zu teuren) heißen Schokolade Richtung gavarnie ausgebrochen,
ähm, vielmehr, was hier das bessere Wort wäre und ich aufgrund eines Anfalls
geistiger Argonie, wir haben uns darauf geeinigt das Wort Agonie so zu
schreiben, ähm, ja genau, deswegen habe ich ein falsches Wort genommen. Das
Wort, also das richtige, ist übrigens abgestiegen, nein, vielmehr aufgebrochen.
Nun ja, der Abstieg war recht einfach, wohl auch deswegen, weil wir uns schon
gut an die Höhe gewöhnt haben. Auf dem Weg zu unserem jetzigen Lagerplatz, einem
glasklaren und saukaltem Stausee am Beginn der Rough Road to Gavarnie hatten wir
Wildnis pur: Bachüberquerungen, Murmeltiere, ein Pfad, auf dem ein Fehltritt
Sturz in den Abgrund und damit Tod und Goldener Action-Punkt (wird posthum
verliehen) bedeutet, grandiose Ausblicke, Nazischafe, Wasserfälle und blaue
Blumen.
Die Gegend, in der wir lagern, ähnelt übrigens dem, was wir uns unter
schottischen Highlands vorstellen (unser nächstes Reiseziel?).
Sebl meint gerade: Hälsde mir mal den Sack hoch?
Marcus und ich haben das Zelt diesmal orkansicher aufgestellt. Wobei das Zelt
an für sich gut ist (muß ich mal klarstellen, ist ja schvließlich meins). Nur
der widrige Boden verhindert, dass wir die Heringe vernünftig festbekommen.
Übrigens ist uns etwas über Heringe aufgefallen. Man kennt die Dinger ja
normalerweise. Zackig geformt, mit einem Öffnerli versehen, manchmal etwas
verklemmt, vor allem wenn man schnell aus dem Zelt muss, aber meistens gutartig,
was man am Zippgeräusch beim Öffnen des Reißverschlusses festmachen kann: es ist
hoch und überaus einprägsam. Nicht so diese Made in Vietnam Reißverschlüsse,
denn ihr Klang ist tief und aggressiv. Ihre Charaktereigenschaften lassen sich
im Moment noch nicht festmachen, sie scheinen im Grunde ihrer Mechanik aber
gutartig zu sein.
Draußen läuten die Glocken der R Kühe.
Tag 6, Do., 03.08.2000
Marcus:
In der nacht hat es geregnet. Und am Morgen dieses Tages auch. Deswegen waren
wir auch nicht allzu motiviert weiterzulaufen, auch wenn unser nächstes Ziel
Gavarnie hieß, was wiederum Zivilisation bedeutete.
Na ja, wir haben dann doch zusammengepackt und uns vor dem Aufbruch erst noch
mal in eine Schutzhütte für Wanderer neben unserem Zeltplatz verzogen. Wir haben
dort noch zwei andere Deutsche Scouts getroffen und ein paar Erfahrungen
ausgetauscht.
Doch irgendwann war die Schutzhütte schlagartig mit nassen Franzosen gefüllt,
und wir sind weitergegangen.
Auf der Rough Road to Gavarnie, was wie Sebl bemerkt ein cooler Name für ’ne
Band wäre.
Jedenfalls hat es einen Großteil der Strecke nach Gavarnie geregnet. Es ging
bergab. Ich meine die Straße. Und dann kamen wir an. Gavarnie. Was für eine
Stadt!
Eine Stadt in der man Lebensmittel kaufen kann. In der man in ein Pub gehen
kann und gar köstlichen Kaffee trinken und MTV auf einer Leinwand sehen kann.
Und aufs Klo gehen kann man auch sogar auf die Damentoilette, wenn die
Herrentoilette besetzt ist. Allerdings ist das keine gute Idee. Es könnte sich
nämlich eine Schlange von Frauen bilden, die alle auch aufs Damenklo wollen wenn
man gerade drin ist. Das kann sehr peinlich sein. Das ist natürlich nur rein
hypothetisch und mir nicht passiert.
Aber egal.
Irgendwann sind wir auch aus Gavarnie weitergezogen Richtung Cirque de
Gavarnie und Le grand cascade einem riesigen, beeindruckenden Wasserfall, der
aber leider vom Nebel verschluckt wurde.
Wir haben an diesem Tag noch ein paar Höhenmeter zurückgelegt.
Nachdem wir in Gavarnie auf 1365 m waren. Wollten wir morgen bereits schgon
wieder die Breche de Roland (2807 m) hinter uns gelassen haben.
Tag 7, Fr., 04.08.2000
The day of Horror
Sebl:
Der Tag begann wie üblich mit der Unlust aus dem Schlafsack herauszukriechen,
was insbesondere am schlechten, kühlen, nebligen Scheisswetter lag.
Nachdem wir uns erfolgreich auf die Socken gemacht hatten begann der
Aufstieg. Und was für ein Aufstieg. Wir reden hier nicht von Wandern, sondern
von Extreme- Freeclimbing mit noch extremeren 25 kg auf dem Rücken. Den Berg,
den wir hochgeklettert sind war verdammt senkrecht und verdammt hoch. Ungutes
Gefühl in einer Felswand zu hängen und ein paar hundert Meter unter einem das
Tal zu sehen. Nach diesem von Todesangst geschwängerten Aufstieg näherten wir
uns dem Refuge de Saradets. Doch das sollte erst der Anfang eines
actionträchtigen, derb krassen Tages werden.
Marco:
Das Refuge de Sarradets heißt übrigens auch Refuge Breche de Roland. Schon
bevor wir dort ankamen, kam uns etwas spanisch vor, obwohl wir in Frankreich
waren: es schneite, im August! Des weiteren ist neben dem Refuge vor einiger
Zeit ein Heli abgestürzt ist, der aber nicht geborgen werden kann. Das
verdeutlicht nochmals die krasse Landschaft in der wir uns befanden, aber wie
gesagt, das war ja erst der Anfang.
Marcus:
Stimmt, das war erst der Anfang. Am Refuge war es sackenkalt und wir konnten
auch keinen Unterschlupf finden, da das Refuge geschlossen war. Und der Anblick,
den uns unser weiterer Weg bot war auch eher ernüchternd. Ein steiler im Nebel
verschwindender Berg mit rutschigem Geröll und einigen Firnfeldern. Die Breche
de Roland konnten wir nicht sehen.
Zuerst ging es also über Geröll auf dem wir kaum Halt fanden. Dann über
Schnee. Das mit Abstand härteste aber, war das letzte Stück zur Breche de
Roland.
Eine Steilwand, das hieß wieder klettern mit 25 kg Gepäck und bei einem Wind,
der einen leicht hätte aus der Wand blasen können.
Sebl und Martin mussten einmal am Felsen hängend einen Sprung machen um den
nächsten Vorsprung zu erreichen. Marco und ich wählten den etwas sicheren Weg
über ein Schneefeld. Ein Fehltritt oder Sturz in dieser Höhe wäre tödlich
gewesen.
Martin:
Ja, bei diesem Sprung habe ich mich ein bisschen komisch gefühlt, und um
ehrlich zu sein hatte ich Angst. Nachdem wir uns oberhalb dieser Schikane wieder
getroffen hatten, suchten wir Zuflucht in einer Höhle. Hat lecker nach Pisse
gestunken. Der Panoramablick über den Hauptkamm der Pyrenäen wäre von dort oben
sicher spektakulär gewesen, blieb uns aber aufgrund von Schneefall, Nebel und
herabfallenden Eisbrocken erspart. Unter diesen optimalen Bedingungen begannen
wir den Abstieg nach Spanien, das Land in dem Milch und Honig fließen und die
Sonne niemals untergeht. In diesem verheißungsvollen Land verloren wir zunächst
den Weg aus den Augen und dann unsere Nerven. Im Nebel bahnten wir uns im Kampf
mit eiskalten Böen den Weg über ein Geröllfeld, kamen unter Geier- und
Krähengeschrei am Rand eines Gletschers an und waren der Verzweiflung nahe. Das
keinem von uns etwas passiert ist kann hier wirklich nur verwundern.
Durchgefroren und mit knackenden Knien fanden wir schließlich eine
Steinmarkierung. Im Nebel fanden wir zwar nicht den Weg, aber auch der
eingeschlagene Pfad brachte uns in nicht ganz so unwirtliche Höhen. Der Anblick
eines Hochtals auf 2450 m Höhe erschien uns geradezu paradiesisch. Vor allem
waren hier andere Wanderer, die bereits ihr Zelt aufgeschlagen hatten. Entweder
hatten sie sich verirrt und waren hier gestrandet, wie wir, oder aber sie waren
zum Party-machen hier oben, warum, ist unverständlich. Die Nacht wurde wie
erwartet kalt und stürmisch, aber im Süden, über Spanien, sah man bereits
wolkenlosen Himmel.
Marcus:
Tja, und so endet dann der sowohl physisch als auch psychisch anstrengendste
Tag in den Pyrenäen.
Tag 8, Sa., 05.08.2000
Marcus:
Dieser Tag sollte der letzte für uns in den Pyrenäen sein. Unser erstes
Tagesziel: das Refuge Goriz. Auf dem Weg dorthin machten wir Bekanntschaft mit
Felix. Er hat uns nach Papers gefragt und sich dann inmitten der Pyrenäen erst
mal ’ne Tüte gedreht. Natürlich haben wir was abbekommen, sogar noch was mit auf
den Weg.
Sebl:
Nachdem wir das Refuge erreicht und uns dort ausgeruht hatten begannen wir
mit Abstieg in den Canyon. Hier konnten wir abermals unsere Freeclimber-
Qualitäten unter Beweis stellen.
Im Canyon war es angenehmerweise recht warm und es waren viele
Tagesausflügler unterwegs. In Torla angekommen mussten wir feststellen, dass wir
erst am nächsten Tag nach Barcelona weiterfahren konnten. So quartierten wir uns
in einem alten, pittoresquen Häuschen ein, das wir mit einer Gruppe von 5
Spaniern teilten (3 Mädels, 2 Jungs). Die luden uns dann gleich zum Essen ein,
was wir natürlich sofort schamlos ausnutzten. Da die Spanier keine Fremdsprachen
konnten, endeten unsere Kommunikationsversuche immer recht chaotisch und lustig.
Dennoch konnte man sich für 1.00 Uhr zum Disco/Pub- Besuch verabreden. Bis dahin
konnten wir ausgiebig das spanische Temperamet erleben. Dieses äussert sich zum
Beispiel darin, das niemals in normaler Lautstärke gesprochen, sondern
grundsätzlich geschrien wird. Außerdem lispeln Spanier. Schöne Sprache, aber das
Musste mal gesagt werden. Der Disco/Pub- Besuch erwies sich im übrigen als recht
lustig.
Marcus:
Ja, stimmt. Mal abgesehen von den 5 Spaniern haben wir noch zwei weitere
Mädels in der Disco kennen gelernt mit denen wir uns sogar sprachlich
verständigen konnten: Laura und Maria.
Nun ja, unserem Ruf als Deutsche sind wir an diesem Abend in Sachen Bier
trinken im übrigen auch gerecht geworden. Das Ganze ging bis 06.00 Uhr morgens
und dieser Discobesuch war ein krasses Kontrastprogramm zu dem, was wir noch
einen tag zuvor getan haben, nämlich in den Pyrenäen um unser Leben fürchten.
Tag 9, So., 06.08.2000
An tag 9 sollte es mit dem Bus weitergehen nach Ainsa, weil wir von dort
(laut Touri- Information) leicht mit dem Zug nach Barcelona kommen können. In
Ainsa angekommen mussten wir leider feststellen, dass es nicht so einfach war
mit dem Zug von Ainsa nach Barcelona zu kommen weil Ainsa nämlich keinen Bahnhof
hat. Von Ainsa kann man nicht mal mit dem Bus in eine Stadt kommen, die einen
hat. Scheiße!
Also taten wir das einzige was wir tun konnten. Nichts. Als wir damit fertig
waren nichts zu tun, haben wir uns schließlich ein Taxi organisiert, das uns
nach Monzón bringen sollte, einem Ort der angeblich einen Bahnhof hat.
Der Taxifahrer war freundlich und ist zügig gefahren, hatte allerdings ein
paar Probleme beim rückwärts ausparken. Aber egal.
Monzón hatte uns nur wenig mehr zu bieten als Ainsa, aber es gab einen
Bahnhof. Hier kamen auch manchmal Züge vorbei, die einen eventuell nach
Barcelona bringen können, wenn man reserviert hat. Auf einen Versuch hin ohne
Reservierung in den Zug einzusteigen reagiert der Schaffner gereizt.
Der nächstmögliche Zug nach Barcelona für uns ging erst um 20.15 Uhr.
Gezwungenermaßen verbrachten wir den tag also in Barcelona, Quatsch! Ich meine
am Bahnhof in Monzón.
Rumhängen, Hacki-Sack spielen und einen Typ kennenlernen, der um eine Kippe
bittet. Josef hieß der, und er war echt in Ordnung. Er kommt aus Tschechien und
will bald in Prag studieren. Momentan aber reist er mit ein par Kumpels durch
die Lande, und zwar in einem Auto, das sie bei einem Engländer gegen ein paar
Flaschen Wodka eingetauscht haben.
Sebl:
In Monzón gibt es übrigens auch ein Café Merlin. Haben wir gleich
fotographiert. Abends irgendwann sind wir dann in Barcelona angekommen. Wir
haben eine Ost- West- Durchquerung Barcas absolviert aber keine angenehme
Kneippe gefunden. In Bahnhofsnähe hatten wir dann doch noch eine gemütliche
Nacht in einem Strassencafé/Kneippe. Um 2.00 Uhr rum sind wir dann im
Bahnhofsgebäude eingetrudelt. Dort trafen wir eine weitere kuriose
Persönlichkeit,
Martin:
die wir am Tag 10, Mo., 07.07.00, kennen lernten. Philip hieß dieser seltsame
Mensch aus Braunschweig. Er jobbt in der ganzen Welt in diversen Kneippen,
verdient sich so sein Geld für den nächsten Flug und ist der Meinung Geld ist
scheiße und man braucht es nicht, niemand. Deswegen besitzt er nicht viel,
arbeitet wenig und hat die goldene- super- plus- ultra- Kreditkarte seines
Vaters dabei, auf dessen Firma er keinen Bock mehr hat und lieber Menthol-
Zigaretten an InterRailer verteilt
Aber auch die Zeit im Bahnhof ging bei einlullender Dudelmusik und
penetranten Wecklauten vorbei und wir fuhren im Halbschlaf nach Salou.
Hier begann die Strandzeit. Morgens um 7.00 Uhr, kurz nach Ankunft und
erfolgloser Zimmer- bzw. Campingplatzsuche (complet) haben wir eingekauft und am
Strand gefrühstückt. Dort blieben wir auch und machten so Rentnerscharen ihren
Stammplatz in der ersten Reihe streitig. Faulenzen, Nichtstun, essen und
weiterziehen um andere Mädels zu treffen.
Übrigens, nachdem wir auch dort nicht gefunden hatten, rein hotelmäßig,
entwickelten wir unseren genialen und unschlagbaren Masterplan, den wir des
öfteren in diversen Variationen anwenden sollten.
FINDEN WIR KEIN HOTEL; DANN MACHEN WIR DIE NACHT EINFACH DURCH UND SCHLAFEN
AM TAG:
Um 20.00 Uhr, nach Ende der beach- time, ging’s zu den Bahnhofsschließfächern
und zum Bahnhofsklo, sozusagen frisch geputzt zur Strandpromenade, Sangria
trinken und eine 40-jährige Frau bewundern und von dort ins englisch besetzte
Salou, Bier im Pub bei englischen Musikvideos und schon nachts um 3.00 Uhr eine
gemütliche Nachtruhe auf einem Parkplatz beginnend. Das war auch die ideale Zeit
um mal die Kontaktlinsen rauszuholen.
Tag 11, Di., 08.08.2000
Martin:
Dieser Tag brachte Sebl eine Erkenntnis: Als Frau würde ich mich ganz gut
finden. Ansonsten verlief dieser tag ähnlich wie der vorhergehende. Sand, Sonne
Sonnenbrillen (seehr nützlich am Strand, vor allem wenn die Augen dahinter
komplett verborgen sind). Abends wieder Frischmachen am Bahnhof und dann ging’s
lecker Paella essen mit deutschsprechenden Frauen. Über die Strandpromenade,
abends so voll wie der Strand am Tag, nur weniger Sonnenschirme und statt
Sonnenmilch- Deogeruch, vorbei an Eisdiele (lecker) und Internetcafé
(praktisch), zum Bus (Mädel verhauen) und ins Pacha, einem heftigen Zappel-
bunker mit tausenden von Holländern, 25 Mark Eintritt, weißen kappen, tanzen auf
Podesten, italienischem DJ und der Ankündigung, dass zwei tage später DJ
d’Augustino auflegt. War trotz allem ziemlich gut und hat uns dazu verholfen
wieder den masterplan anzuwenden um laut Sebl 1-2-3 Stunden zu schlafen, was uns
nach dem Genus von warmem Dosenbier am Hafen von Salou recht leicht viel.
Marcus:
Zitat Marco: Wir liegen bei 32°C im Schatten in der Sonne am Strand.
Tag 12, Mi., 09.08.2000
Marcus:
Heute sollte es weitergehen, wieder nach Barcelona. Eine wie ich finde sehr
schöne und beeindruckende Stadt, aber dazu später mehr. In Salou am Bahnhof sind
wir dann Zeuge eines Zugunfalls geworden. Eine Teilamputation und eine
Bahnleiche. Kein schöner Anblick.
Jedenfalls fuhren wir dann nach Barcelona.
Martin:
Marcus hat recht. Barcelona ist schön. Und groß. Und total überfüllt. Aber
dazu später mehr. Nach einer Nacht auf einem Stinkefeld (es hat wirklich
gestunken) und einem leckeren, wenn auch für Sebl etwas verwirrendem Frühstück
(mit Sprite duschen und sowas), ging’s nachmittags nach Barcelona. Die
Zimmersuche scheiterte an der Tatsache, dass die Stadt aus allen Nähten zu
platzen scheint, die Straßennamen katalanisch sind, im Plan aber auf spanisch
stehen und wir sowieso den genialen Masterplan im Hinterkopf hatten. Bei der
Hotelsuche in den Seitenstraßen der Ramblas sehen wir uns mit diversen Fragen
konfrontiert: Porno? Haschisch? Sex? Kokain? Augentropfen? Na ja, wir hätten
rein theoretisch mit 20 Frauen, 5 Kilo Hasch, einem riesigen Päckchen Kokain und
eventuell sogar den ein oder anderen Augentropfen die Zwielicht- Zone verlassen
können. Nachdem wir aber auch das Angebot eines Gorillas ausgeschlagen hatten,
ging es zurück zum Bahnhof, um unseren genialen Masterplan in die Tat
umzusetzen.
Kochen vor dem Bahnhof, Umziehen auf dem Grünstreifen, viel lachen,
Schließfächer, Bahnhofsklo, los geht’s.
Beim Marsch in die Innenstadt zeigten sich die ersten Nebenwirkungen des
Masterplans: Maggus und Maggo gingen nach halber strecke zurück zum Bahnhof,
schlafen. Sebl und ich rafften die letzten Kräfte zusammen und liefen über die
Ramblas zur Placa Reial. Die Straßen waren noch immer voll und auf dem Platz
saßen hunderte von Jugendlichen, Straßenmusiker und Künstler waren an jeder Ecke
zu sehen, ebenso wie knapp bekleidete Frauen, die einem Mann Barcelona aus
horizontaler Sicht näher bringen wollten. Zumindest herrschte in den Straßen
eine sehr angenehme, eben südliche Stimmung, die Spanierinnen taten ihr übriges
und die Polizei sorgte mit einem massiven Aufgebot für ein Gefühl der
Sicherheit, aber auch dazu später mehr. Der Heimweg war nicht ganz einfach, Sebl
und ich hatten uns schlicht und einfach verlaufen, wären fast von Rockern
aufgemischt worden, und kamen nach einer unfreiwilligen, ausgiebigen und
nächtlichen Nachtbesichtigung, nein Stadtbesichtigung, o Gott, es ist spät und
auch bei mir greift der Masterplan, gegen ca. 04.00 Uhr morgens zum Bahnhof
zurück.
Eine kleine bis größere bis sehr große Enttäuschung war die Tatsache, dass
der Bahnhof zu hatte, wir uns also draußen zum schlafen legen mussten, zu Maggus
und Maggo. Eine weniger große bis gar keine Enttäuschung waren Silvia und Saskia
aus Heidelberg, zwei Mädels, die Maggo/Maggus schon vorher kennengelernt hatten.
Eine ehr große bis gigantische Enttäuschung war schließlich, dass wir irgendwann
zwischen 4.00 und 4.45 Uhr ausgeraubt wurden: Marcus’ Rucksack, Maggos Geld und
ec- Karte sowie Sebls Geld und seine Brille (!). Die Polizei war bei dieser
Geschichte eine wirkliche Enttäuschung und zum Glück fanden wir im Park einige
Dinge, wie z.B. Perso, wieder. Glück hatte auch ich, obwohl mein Schlaf aufgrund
des Masterplans so fest war, dass mich nicht einmal eine Eta- Bombe beim
explodieren im benachbarten Mülleimer geweckt hätte. Dementsprechend erheitert
begann
Tag 13, Do., 10.08.2000
Martin:
Dieser Tag begann wie so viele andere: Bahnhofsklo, Schließfächer (manche
funktionieren auch ohne Geld!) etc. Wir kauften Karten für den TouristBus und
los ging die Stadtbesichtigung. Am Hafen stiegen wir zum ersten Mal aus und
frühstückten lecker Croissants und liefen durch die Altstadt im Künstlerviertel
mit obligatorischem Biertrinken und Mittagsbaguette. Schön ist eigentlich ganz
Barcelona, was aber im Reiseführer besser seinen Platz findet als in diesem
Buch. Während der Busfahrt wurde uns ein kleiner Fehler im Masterplan deutlich.
Nämlich das mit dem WIR-SCHLAFEN-AM-TAG. Eben das taten wir nämlich nicht.
Morgens zwei, maximal drei Stunden, im Park eine halbe (lästige Insekten) und
dösen wann immer es möglich ist. Hellwach erlebten wir aber Gaudís Sagrada
Familia und das für uns ermäßigte Pizza Hut- Essen. Mmh, Häagen Dazs. Mit einer
angenehmen BusTouristik Begleiterin ließen wir die Rundfahrt ausklingen, in den
Pausen HackiSack spielend oder aber das Stadion Camp Nou bewundernd.. Wider
Erwarten waren wir abends fit genug um erneut Barcelona unsicher zu machen, DJ
d’Augustino war aufgrund der RENFE für uns gestorben. Über die erneut
überfüllten Ramblas und einem 12-Mark-Bier ging’s zur Placa Reial, wo wir am
Vortag übrigens eine als Hotelzimmer getarnte Abstellkammer für 200,- DM
abgelehnt hatten. Auf dem Platz war wirklich jeder, bis auf den bärtigen
Schimpansenmischling, der mit Hilfe eines Stabes Cola-Dosen auf Tauben geworfen
hatte. Wir lernten Martha kennen, eine Frau aus Barcelona, die auch nicht wusste
warum in der Stadt zur Zeit die Hölle los ist. Und wir lernten fünf Genfer
Mädels kennen, mit denen wir den Abend und den Morgen verbringen sollten. Von
der Placa Reial ging es durch ein Gewirr von Nebenstraßen, in denen sich gerade
ManuChou rumtrieb, zu einem Hotel, wo die mädels einen ihrer beiden männlichen
Begleiter ablieferten. In diesem Altstadt-/Szene-Ghetto trafen wir dann noch
eine Gruppe von Franzosen und Manchou war ganz aus dem Häuschen, das er uns
erklärte, wie toll es sei nach den nur spanisch sprechenden Spanierinnen endlich
mal französisch sprechende Schweizerinnen zu treffen. Aber auch das überstanden
wir und los ging’s zum Strand. Valentin, Helena, Zelda und die anderen drei
brachten ihre Trommeln mit und nach einigen Anfangsproblemen begannen sie zu
spielen. Vielleicht lag es ja an Takt und Rhythmus der Trommeln, aber um uns
herum auf diesem taghell erleuchteten Barceloner Strand waren unwahrscheinlich
viele Päärchen, ja Pä- ärchen, die miteinander den Geschlechtsakt ausübten, um
mich mal gepflegt auszudrücken auszudrücken.
Vor allem dank Valentin, die wirklich gut deutsch konnte, war die
Verständigung kein Problem und nachdem drei müde Mädels gegen fünf nach Hause
gingen, saßen wir mit dem Rest bis zum Sonnenaufgang am Strand. Unvermeidlich
war selbst hier am Strand die Frage: Haschisch? Wir beließen es beim
Probekiffen, eventuell zum letzten Mal auf unserer Reise, da unser Pyrenäenkram
auch geklaut wurde. Der Abend war insgesamt sehr angenehm, und erst bei
Sonnenaufgang verließen uns die Schweizer, nicht ohne, dass wir uns für den
Nachmittag noch einmal verabredeten. Mit ihrem Abschied, dem Sonnenaufgang und
unseres und vor allem meines bestimmten, unausweichlichen Wegdösens begann
Tag 14, Fr., 11.08.2000
Martin:
Nach einigen Umwegen kamen wir wieder zu unserem Frühstück im Hafen. Zurück
am Bahnhof, nach einigen Diskussionen mit den Bahnangestellten, gelang es uns,
keinen Zug nach Sevilla zu bekommen. Dafür einen um 16.00 Uhr nach Zaragoza. Um
noch mal richtig Gaudí zu haben, fuhren wir noch mal zum Park Güell. Tuffig,
buntig, gus.
Da wir endlich weiter in den Süden wollten, fuhren wir nachmittags los, was
unsere Verabredung mit den Schweizern dummerweise zur Mission Impossible werden
ließ. Keinen Trip nach Genf irgendwann mal. Egal. Zaragoza war auch prickelnd.
Davon mal abgesehen, dass die Spanier die dortige Toilette mit einer Samenbank
verwechselten. (Oder wir die Samenbank mit einer Toilette?). Zumindest trafen
wir nette Leute. Steffen und Conny aus dem Saarland. Nachts um 2.40 Uhr ging es
dann weiter nach Madrid, extra gebucht, extra Zug, extra Platz für uns im Gang
neben der Lüftung auf einem stinkenden Fußboden. Aber man konnte die
Kontaktlinsen wechseln.
Tag 15, Sa., 12.08.2000
Martin:
Frisch, ausgeruht (3Stunden Schlaf, mehr als im Masterplan vorgesehen) und
nach Teppich stinkend erreichen wir Madrid. Gut, wir haben nicht nur nach
Teppich gestunken, aber nach einer Woche in Spanien ohne Dusche muss das nicht
verwundern. Während unserer verzweifelten Bemühungen wenigstens von Madrid aus
einen Zug nach Sevilla zu bekommen, haben wir Mo kennengelernt, einen Typen aus
New York, der 2 Monate durch Europa reist und all die Frauen abklappert, mit
denen er in den USA mal was gehabt hat. Außerdem hat er uns eine verfaulte
Nektarine geschenkt. Cool. Und das mit dem Zug hat doch geklappt. Vorherb noch
mal kleiner Bummel durch Madrid, schöne Stadt, Hauptstadtflair, Hacki Sack
spielen und ein Auftritt im spanischen Fernsehen. Das übliche halt. Und wir
haben was getrunken. Ach ja, das mit dem Fernsehen war verwirrend. Eine Doku
über Madrid und Ausländer sollten zu Wort kommen. Mit 2 Stunden Aufenthalt waren
wir wie geschaffen dafür, und alles was ich gesagt habe steht in unserem Inter
Rail- Reisebuch, im Sevilla- Teil. Und ich habe es falsch übersetzt. Egal.
Der Zug war übrigens fett, vergleichbar mit dem ICE. Wir flogen also förmlich
nach Sevilla, wo wir als erstes unsere Beute aus einem madrider Supermarkt
verspeisten und uns dann auf Zimmersuche begaben.
Unfassbar. Wir haben eins. Zwar nur mit drei Betten, aber mit Dusche, mitten
in der Altstadt. Und jetzt sind wir frisch geduscht, ziehen neue Klamotten an
und werden gleich die größte Stadt Andalusiens unsicher machen.
Marcus:
Genau.
Zu Sevilla lässt sich sagen, dass es mir persönlich sehr gut gefällt, besser
noch als Barcelona.
Diesen Abend sind wir losgezogen um die Gassen Sevillas etwas zu erkunden.
Jeder 2 Bier, 2Tequillas und alle zusammen noch eine Flasche Dos Opas (ein
spanischer Spitzenwein). Unser Zimmer dann wiederzufinden war dann
dementsprechend schwer, und dass wir es geschafft haben war eigentlich Zufall.
Angenehm überrascht war ich allerdings als in unserem Raum plötzlich doch 4
Betten standen.
Und so endet dieser Tag für uns um ca. 03.00 Uhr morgens nach langer Zeit mal
wieder in einem Bett.
Der Masterplan findet in dieser Nacht also keine Anwendung, zumal wir am
nächsten Morgen ausschlafen konnten.
Tag 16, So., 13.08.2000
Marcus:
Der Tag beginnt entgegen unserer Erwartungen ohne Kater und größere
Kopfschmerzen um 11.30 Uhr. Dafür gab es allerdings gleich für jeden eine kleine
Trainingseinheit von 2x25 Liegestützen.
Die Nacht war zwar sehr heiß aber erholsam.
Marco stand übrigens mit den Worten auf: So, jetzt muss ich erst mal etwas in
mich reinstecken.
Dann ging’s los in die Stadt, frühstücken und noch mal alles genau anschauen,
was Sevilla so zu bieten hat. Und Sevilla hat eine Menge zu bieten. Schöne
Straßen, eine Menge Kultur, Parks, hübsche Mädels am Bahnhof, die man
fotographieren kann, und hübsche Bedienungen in Internetcafés, die man ebenfalls
fotographieren kann, die dann aber auch Bilder von einem selbst mache wollen.
Was wiederum nicht klappt weil ihre Kameras nicht funktionieren.
Aber egal.
Jedenfalls war es ein schöner, angenehmer Sonntag in Sevilla.
Ebenfalls positiv war, das die Hotelfrau unsere Sachen gewaschen hat.
Abends ging es dann noch mal los was trinken (es gab sogar Beck´s) und ein
bisschen durch die Gegend flanieren.
Danach gings wieder ins Hotel wo wir bis zum nächsten Morgen noch etwas
erholsamen Schlaf fanden.
Tag 17, Mo., 14.08.2000
Marcus:
Der letzte tag in Sevilla. Also noch mal in die Stadt, die letzten paar
übrigen Sehenswürdigkeiten anschauen. Etwas rumstören und noch mal ins
Internetcafé, unsere fotogene Bedienung besuchen und schließlich gegen 17.00 Uhr
zum Bahnhof.
Von jetzt an haben wir die restliche Zeit des Tages überwiegend im Zug
verbracht. Zuerst Richtung Bobadilla und dann nach Algeciras, unserer letzten
Station in Spanien vor Marokko. In Algeciras kamen wir erst spät am Abend an und
deshalb sollte jetzt wieder der masterplan in Kraft treten (Zur Erinnerung: WIR
MACHEN DIE NACHT DIE DURCH UND SCHLAFEN AM TAG) Wir packen unser überflüssiges
Gepäck (Zelt, Kocher usw.) in ein Schließfach. Je weniger Gepäck in Marokko
desto besser.
Na ja, jedenfalls trafen wir vor dem Bahnhof zwei andere Interrailgruppen
und wir wurden Zeuge eines interessanten Phänomens: Wenn Deutsche auf einer
reise ins Ausland andere Leute ansprechen, so tun sie dies immer auf Englisch
und niemals auf Deutsch. Das hat natürlich zur Folge, dass die angesprochenen
Leute zumeist auch in englischer Sprache antworten.
Aber zurück zum Thema. Einer aus den beiden anderen Interrailgruppen sprach
uns auf Englisch an und selbstverständlich antworteten wir auf Englisch.
Es dauerte einige Zeit bis wir und die anderen herausfanden, dass wir alle
Deutsche waren. Nun ja, jedenfalls wurden die anderen Interrailer in unsren
Masterplan miteinbezogen und wir beschlossen die Nacht zusammen durchzumachen.
Insgesamt waren es 8 Deutsche und ein Holländer. Die Namen hab` ich leider
vergessen. Aber egal. Wir zogen zusammen los, nachdem Marco und Martin eine
Kneipe ausfindig gemacht hatten.
Und dort ging `ne ziemliche Party ab. Der Wirt, ein dicker Kerl, war leicht
angetrunken und gab uns die ganze Zeit Sidre, Bier und Schnäpse aus. Es war
richtig cool. Und alle tranken viel. Die ganze Nacht. Einige tranken zuviel. Na
ja, eigentlich nur ich. Das Ergebnis dieses übermäßigen Konsums verteilte sich
am Ende dann auf den Kneipenboden. Aber der Wirt nahm`s locker und füllte Sebls
Sigg- Flasche bevor wir am nächsten Morgen zur Fähre wankten noch mal mit Bier.
Jedenfalls war es eine coole Nacht in Algeciras.
Der Name der Kneipe war übrigens Chumis Bar.
Tag 18, Di., 15.08.2000
Marcus:
Tja, so ca. um 06.30 Uhr ging es also direkt von der Kneipe auf die Fähre.
Der Ticketkauf erwies sich in unserem Zustand als nicht ganz so einfach.
Sebl erkundigte sich ca. eine halbe Stunde bei Martin ob er auch wirklich bei
dieser Frau, an diesem Schalter die Hin- und Rückfahrttickets gekauft habe. Und
ob er sich hundertprozentig, auf jeden Fall und unumwerflich sicher sei, dass
diese Tickets auch wirklich inklusive Rückfahrt seien. Na ja, irgendwann waren
wir dann auf der Fähre Richtung Tanger in Marokko.
Die Fährfahrt war recht angenehm, da wir etwas Schlaf fanden.
Was für Marco allerdings eher unangenehm war, war dass er beim Versuch eine
Treppe runterzugehen stürzte und sich am Fuß verletzte.
Na ja, jedenfalls kamen wir dann mehr oder weniger ausgeruht in Tanger an,
und gingen zielstrebig los ohne eigentlich zu wissen wohin.
In Marokko ist es sehr wichtig immer einen zielstrebigen und informierten
Eindruck zu erwecken, da man sonst leicht als unwissender und desorientierter
Tourist eingestuft wird. Und dann wird man schnell das Opfer eines
marokkanischen Gauners.
Nun ja, Nun ja, ich denke wir erweckten mehr den Eindruck von unwissenden
desorientierten Touristen, die krampfhaft versuchten einen zielstrebigen und
informierten Eindruck zu erwecken und nebenbei noch total übermüdet waren.
Trotzdem schafften wir es dann doch irgendwie eine Bank zu finden, Geld zu
tauschen, ein Taxi zu nehmen, zum Bahnhof zu fahren und dort in den Zug nach
Marrakesch einzusteigen.
Die Zugfahrt nach Marrakesch war vor allen Dingen heiß und die Züge sind hier
überfüllt. Wir wurden von einer Menge Leute angesprochen, einige davon scheinbar
nett andere etwas dubios.
Eine neue Bekanntschaft war ein auffallend gut deutsch sprechender Marokkaner
und sein allerdings nur englisch sprechender Kumpel.
Na ja, die weitere Zugfahrt verbrachten wir in einer Art Dämmerschlaf.
In Marrakesch angekommen hieß es dann, so schnell wie möglich ein Hotel
finden, da es nicht sehr angebracht ist, eine nacht in Marrakesch mit Rucksäcken
auf der Straße zu verbringen.
Vor dem Bahnhof sprechen uns der deutsch- sprechende Marokkaner und sein
Freund aus dem Zug an, ob wir nicht mit ihnen zusammen auf die Suche nach einem
Hotel gehen wollen. Nach kurzem Zögern sagen wir zu.
Der deutsch sprechende Marokkaner heißt Soufiane, ist in Deutschland
aufgewachsen, studiert dort Maschinenbau, macht gerade Urlaub und will seinen
Onkel und seine Tante in Casablanca besuchen. 25 Jahre alt, sieht aber jünger
aus.
Der englisch sprechende Marokkaner heißt Mustafa, lebt in Italien, hat `ne
Ausbildung als Koch und ist 36 Jahre alt, sieht aber auch jünger aus.
Beide sind sehr nett, und dang ihnen finden wir auch ein günstiges, schönes
Hotel, in das wir uns einmieten. Am späteren Abend ziehen wir mit den zwei noch
mal los. Marrakesch anschauen. Soufiane und Mustafa kennen sich gut aus.
Das Beiendruckendste war wohl der Markt auf dem Place Jamaa El Fna. Hier kann
man alles kriegen. Stände über Stände, ein richtiges Labyrinth. Trommeln,
Kleidung, Essen, Lederzeugs, usw.
An einem Stand haben wir Kus- Kus (Sebl: Cous- Cous) gegessen, woanders
Orangensaft getrunken. Der war frisch gepresst und das beste was ich je
getrunken habe.
Jedenfalls war es ein genialer Abend mit Soufiane und Mustafa.
Zurück ins Hotel und schlafen.
Tag 19, Mi, 16.08.2000
Sebl:
Am nächsten Tag wurde erst mal geklärt, was wir überhaupt machen wollen. Wir
wollten am nächsten Tag ins Wüstenkaff Zagora, Soufiane und Mustafa noch am
selben Tag irgendwohin. Wir beschlossen zusammen weiterzureisen. Und einigten
uns auf das was eigentlich niemand wollte: noch an diesem Tag nach Zagora. Nach
Zagora kommt man lediglich mit dem Bus. Also auf zum Busbahnhof. Auf dem Weg
dorthin kam mir die geniale Idee, meine übelst nach Alkohol stinkende Sigg-
Flasche auf der Strasse zu reinigen. In einem islamischen Land ein guter Grund,
seinen Weg zügig fortzusetzen. Am Busbahnhof zeigte sich, wie Praktisch es war,
Soufi und Stafa (Nicknames) bei sich zu haben. Sie regeln alles, so das wir
schließlich in einem Bus nach Ouazazate (auf dem Weg nach Zagora) sassen. Der
Bus war recht komfortabel. Nach ca. 1 ½ Std. Fahrt machten wir in einem Dörfchen
halt. Hier aßen wir zum ersten Mal Tachin (?). Im Grunde Gemüseeintopf in einer
Tonglocke, aber halt original Maroccanisch und mit den Händen gegessen. Das
Restaurant (ziemlich veranzt) und die Art des Essens erschienen uns zu diesem
Zeitpunkt noch recht abenteuerlich, wurde aber mit der Zeit normal.
Nach weiteren 3 Stunden Fahrt durchs grasseste Gebirge kamen wir im Dunkeln
in Ouazazate an. Dort störten wir erst mal durch die Gegend und aßen
Kaktusfrüchte. Wir erfuhren. Dass um 4.00 Uhr ein Bus nach Zagora weitergehen
sollte. Also setzten wir uns in ein Kaffé und tranken Cola. Wir saßen lange im
Café. Wir tranken viel Cola. Im Endeffekt frühstückten wir sogar in diesem Café,
da der Bus erst um 7.00 Uhr kam. Witzige Nacht. Noch witziger wurde der Morgen,
als wir erfuhren, das der Bus eigentlich voll ist und wir gar nicht mehr
mitfahren können. Also nahmen wir uns ein Taxi, und das ist...
Tag 20, Do., 17.08.2000
Martin:
Taxifahren ist normalerweise eine bequeme, teure und unspektakuläre Sache
frei von Exotik. Nicht so in Marrokko. Hier ist Taxifahren eine unbequeme (6
Leute + Fahrer im Auto), billige (100 km pro Person 5 DM), spektakuläre
(Fahrstil) und exotische Sache. Wir nahmen also ein Taxi nach Zagora, wo wir
nach 2 Stunden Fahrt durch eine Wüstenlandschaft auch ankamen, was bei dem
Fahrstil des Fahrers verwunderlich ist. Zagora liegt im Draâ- Tal, einem
Palmenoasen- Gürtel. Das Kaff selbst ist nichts besonderes. Die Hotelsuche war
relativ schnell gelöst. For only 250 Dirhams, my friends, bekamen wir
Mittagessen, Abendessen, Frühstück, Kameltour, Dusche Übernachtung im Oasen-
Lager und drinking is for free, my friends. Das Hotel war ein kleiner Palast. "This
is not like in a hotel, this is like a family, my friends."
Marcus:
Ja. Das hotel war sauschön, richtig marokkanisch. Genau wie der Hotelbesitzer
(ein dicklicher, bärtiger Beduine).
Er machte uns auch gleich klar was er wollte: "I don’t want to earn money, I
just want you to be happy."
Na ja, jedenfalls sah unser Tagesablauf dann folgendermaßen aus: Duschen und
Lunch im Hotel. Danach ein bisschen chillen auf den ultrabequemen Sofas im Hotel
und viel Tee trinken.
Nach einem kleinen Sandsturm sollte es dann auf Kamelen in Richtung unseres
Nachtlagers gehen. Die Nacht wollten wir nicht im Hotel sondern im Biwak (eine
Art Zeltlager in der Wüste) verbringen.
Ach so, an dieser Stelle möchte ich Majoub erwähnen. Majoub war seit unserer
Ankunft in Zagora unser ständiger Begleiter und so eine Art Diener. Klein,
dunkelhäutig, ca. 13 Jahre alt und ständig besorgt ob wir auch genug frisches
wasser haben. Ein wirklich putziger neuer Freund.
Martin:
Die Kameltour war äußerst interessant. Vor allem sind Kamele unerwartet große
Tiere, von denen man nicht herunterfallen sollte. Und das ist nicht so einfach.
Vom schaukelnden Gang dieser Tiere mal abgesehen bereitet vor allem das Auf- und
Absteigen Probleme, denn dafür knien Kamele sich nieder und die Auf- bzw.
Abwätrsbewegung erinnert schon fast an Rodeo. Wir brachten es aber dennoch auf
die Reihe, und der abendliche Ritt durch die Dünenlandschaft war ein Erlebnis.
Im Biwak aßen wir Tachine ("from my mother, my friends, specially for you"),
keine allzu gute übrigens, musizierten auf kaputten Trommeln, ließen ein paar
Regentropfen auf uns und die Sahara fallen und schickten die Biwak- Bediensteten
los uns Getränke, Zigaretten und Souvenirs zu holen. Und Italiener waren da, was
vor allem Mustafa erfreute, da die eine aus Turin kam. Im Zelt bzw. direkt unter
freiem Himmel auf sofas verbrachten wir die Nacht.
Marcus:
Ja. Meiner Ansicht war der Tag in Zagora einer der coolsten Tage der ganzen
Reise.
Tag 21, Fr., 18.08.2000
Martin:
Ausgeruht und bester Laune nahmen wir ein marokkanisches Frühstück zu uns,
packten unseren Kram, wuschen uns (wuschen, komisches Wort, aber laut Duden
korrekt) und machten uns auf den Weg zurück zum Hotel. Auf Kamelen. Hierzu muss
folgendes gesagt werden. Kamele sind sehr stolze und eigensinnige Tiere, sie
gehen nicht gerne in die Knie, mögen keine Esel oder Fahrräder und beschäftigen
sich sehr gerne mit der Verdauung von diversen Dingen. Um diese eigenwilligen
Tiere unter Kontrolle zu halten, befestigt man eine Schnur um ihren Unterkiefer
und ihr Maul. Ein Ruck an dieser Schnur ist sehr schmerzhaft für sie, aber wer
die Schnur hat, hat auch gleichzeitig die Kontrolle über das Kamel. So weit, so
gut. Unsere Karawane sah folgendermaßen aus: Vorne ein Führer, zwei Kamele
folgend, mit Schnüren im Maul, wobei das hintere am vorderen festgebunden ist.
Auf diesen Kamelen saßen Mustafa, Soufi, Maggo und Sebl. Dann ein junger,
unerfahrener Führer mit Packkamel und dahinter Maggus und ich. Dummerweise war
unser Kamel zu langsam, die Schnur zum Packkamel strafft sich, unseres brüllt
vor Schmerz, das erste erschrickt, wirft das Gepäck ab, der junge Führer bekommt
Angst und nimmt Reis aus (Reiß? Reiss?), na ja, und unser Kamel geht durch und
versucht uns loszuwerden. War nicht gut. Die Sache. Nein. Nicht gut. Zum Glück
bekamen irgendwelche Leute das Tier unter Kontrolle und wir kamen heil am Hotel
an. Hier die nächste Überraschung. Wir mussten mehr bezahlen als vereinbart.
"Show me any hotel where drinking is for free. This is not like in a family,
this is like in a hotel." Ah ja. Auch die Höhe der Getränkekosten war rasch
geklärt. "To bring the drinking is very expensive for me. I have to bring it
with my Mercedes!" Nicht mehr ganz so gut gelaunt zahlten wir und machten uns
auf den Weg nach Casablanca. Mit einem Taxi. Vorher gab es allerdings noch ein
paar Touristenfotos an dem noch 52 Kamel- Tagesmärsche bis Timbuktu- Schild. Die
Taxifahrt war, wie zu erwarten, exotisch. Glücklicherweise fuhr er, der
Taxifahrer, ein gemütliches Tempo, denn zwei Autounfälle auf der Strecke nach
Marrakesch brachten uns schon ins grübeln, vor allem ist das marokkanische
Rettungssystem alles andere als gut. In Ouarzazate machten wir einen Stop an der
Stelle, an der Die Mumie gedreht wurde. Leider waren die Atlas Film Studios
nicht zu besichtigen. Wir genossen aber noch mal Draâ- Tal und Atlas- Gebirge.
Im Gebirge machten wir wieder halt um Fleischspieße und Tee zu uns zu nehmen.
Insgesamt ist die Landschaft von Zagora bis Marrakesch wirklich sehenswert:
Wüste, Oasen und Hochgebirge mit grünen Flusstälern und kargen Höhen. Leider
wurde die Fahrweise unseres Fahrers nach der Passhöhe gewagter, aber wir
erreichten abends Marrakesch. Warum, weiß ich nicht genau, aber als
Transportmittel Richtung Casablanca wählten wir ein Taxi. Wieder Exotik, wieder
zu siebt zusammengepfercht. Auf dieser Strecke wurden wir auch Zeuge eines
weiteren schlimmen Verkehrsunfalls. Im Nebel bei offensichtlich zu hoher
Geschwindigkeit und unter Alkoholeinfluss waren zwei Wagen frontal
zusammengekracht, einen dritten hatte es seitlich erwischt. Wir waren mit die
ersten am Unfallort und hier kam Marcus’ große Stunde. Selbst ohne Hilfsmittel
war er der einzige, der wusste was mit den Patienten zu machen war. Die
Marokkaner wollten noch Atmende Mund- zu- Mund beatmen und hielten
Schwerverletzten Zwiebel ins Gesicht. Niemand sicherte die Unfallstelle, ein
Krankenwagen wurde erst 15 Minuten später verständigt, und es dauerte eine halbe
Ewigkeit, bis Polizei und Notarzt eintrafen, beide so gut wie ohne Ausrüstung, 1
Wagen für 2 Schwerverletzte und mehrere Leichtverletzte. Fast wäre das Unglück
noch dramatischer geworden, ein Truck wich bei voller Geschwindigkeit im letzten
Moment, krachte durch die Mittelleitplanke auf die andere Fahrbahn. Wir alle
rannten, nur Marcus harrte eisern bei den Patienten aus. Sein Engagement wurde
nicht gewürdigt, die Polizei wollte ihn erst verhaften, weil er der Fahrer sei
und schickten ihn dann weg. Lediglich der ankommende Arzt zeigte Respekt. Unsere
UK- Lights verhinderten als Warnsignale weiteres Unglück. Bedrückt erreichten
wir gegen drei Uhr morgens Casablanca.
Tag 22, Sa., 19.08.2000
Martin:
Nach einer Nacht auf den gemütlichen Sofas in der Wohnung von Soufis Eltern
(und nach dem Kampf gegen Kakerlaken) besuchten wir zunächst seinen Onkel und
seine Tante. Sein Onkel begleitete uns dann auf unserem Einkaufsbummel, bei dem
wir einem Klamottenladen auf dem Basar reißenden Umsatz bescherten, schlechten
Fisch aßen, Souvenirs kauften und ich den halben Laden zerstörte, Sebl
unfreiwillig einen Mords- Zigarettengag riss und Maggus sich eine riesige und
Maggo eine gigantische Bongo leisteten. Ohne Soufis Onkel und den friedlich
schlafenden Mustafa ging’s dann zur Moschee, die noch wesentlich gigantischer
ist, als Maggos und Maggus’ Bongo zusammen, für nicht Moslem aber leider nicht
zugänglich. Und Soufi und Maggo wurden beim Taxifahren gelinkt, wir anderen drei
Casa- Profis nicht. Abends frischmachen, neue Klamotten anziehen und los zur
Hochzeit. Leider ohne mich, Fieber und Durchfall hatten zugeschlagen.
Sebl:
Auf der Hochzeit waren außer uns noch ca. 150 weitere Gäste. Trotzdem kamen
wir uns permanent beobachtet vor. Ich glaube, wir sind da gegen unseren Willen
ziemlich aufgefallen. Desweiteren waren wir alle todmüde bzw. krank und kamen um
vor Hunger. War aber trotzdem schön, wir hatten einen Sitzplatz, aus
Bandrichtung kam orientalisches Gedudel, ein großer Pool stellte den Mittelpunkt
der Location da. Außerdem war es ganz amüsant, das ganze Brimborium und die
Bräuche zu bestaunen, die so zu einer marokkanischen Hochzeit gehören. Um 1.30
Uhr gab es dann sogar was zu essen, und zwar ordentlich. Als Vorspeise Kepab mit
Zimt und Zucker, als Hauptspeise Fleisch mit Fladenbrot, als Nachspeise Obst.
War lecker, aber peinlich, da wir nun nicht gerade die Profis in mit den Fingern
essen sind. Auf jedenfall haben wir für Unterhaltung am Tisch gesorgt. So um
2.30 Uhr haben wir uns auf den Heimweg gemacht. Wir fanden die Hochzeit
interessant, Soufi fand sie oberlangweilig. Egal! So um 3.00 Uhr war der Tag
beendet.
Tag 23, So., 20.08.2000
Martin:
Nachdem wir uns von Soufi verabschiedet hatten, natürlich nicht ohne uns für
Samstag in zwei Wochen in Gelnhausen zu verabreden. Die Zugfahrt nach Tanger war
nervenaufreibend. Wider Erwarten kamen wir ohne Probleme zum Fährhafen, die
Passkontrollen dauerten auch nur eine halbe Stunde, und damit konnten wir auf
die Fähre. Diesmal gab es auch keine verletzten, dafür aber Duty Free. Gegen
abend erreichten wir Algeciras, wir waren daheim. Gestärkt wurde dieses Gefühl
noch durch folgendes: eine riesige Schlange bei der Zoll- und Passkontrolle
wollte uns schon entmutigen, bis wir links daneben einen weiteren Schalter für
EU- Bürger sahen. Ein kurzer Blick auf den Pass, ein Wink, zurück im guten alten
Europa.
Da in diesem Teil des guten alten Europa die Züge aber auch nicht öfter
fuhren als in Afrika, mussten wir die Nacht in Algeciras verbringen. Schlechtes
Essen und noch mal ein kurzer Besuch in Chumi’s Cidreria (diesmal ohne
Alkoholexzesse) und eine gemütliche Nacht am Bahnhof, wo wir, und insbesondere
Marcus, mit seltsamen Leuten schlafen mussten.
Marcus:
Kurze Anmerkung von mir: Mit jemandem schlafen bedeutet hier nicht
Geschlechtsverkehr. Nur um das mal klar zu stellen.
Tag 24, Mo., 21.08.2000
Martin:
Über Bobadilla fuhren wir nach Sevilla. Unser Aufenthalt dort reichte nur zum
x- treme- fast- shopping. Leider (armer Maggo) nicht zum Besuch im Internetcafé.
Bis Huelva mit dem Zug, von dort entlang an Zitronen- und Orangenbäumen mit dem
Bus zur portugiesischen Grenze und schließlich mit der Fähre in das Land, wo
Milch und Honig fließen. Witzig war, dass die Interrailer von der Fähre und vom
Busbahnhof sich mitten in der Stadt trafen und man so ohne Probleme den Weg
findet. Drüben angekommen ergötzten wir uns am Anblick eines pittoresken Hundes
und fuhren dann über Faro nach Lagos. Da wir spät abends dort ankamen, waren wir
sehr dankbar, dass direkt vor dem Bahnhof ein Bus wartete, der uns direkt zum
Campingplatz Imulagos fuhr. Im Dunkeln bauten wir unser Zelt auf und schliefen
ein, gestresst von zwei Tagen Fahrt von Casablanca nach Lagos durch immerhin
drei Zeitzonen. Jawohl.
Tag 25, Di., 22.08.2000
Martin:
Endlich konnten wir mal richtig ausschlafen. Mittags ging’s zum Strand. Die
Küste der Algarve ist zerklüftet, hohe Felswände mit kleinen Sandstränden.
Bestimmt besser als Salou. Auch das Wetter war super, die Mädels auch, vor allem
hatten sie hier wenig bis gar nichts an. Leider war das Wasser sackenkalt. Auf
jeden Fall war es uuultrachillig. Abends sind wir ins Städtchen, erst ging’s in
Whyte’s Bar, nachdem wir vorher lecker Pizza gegessen hatten. Bier und Cocktails
hoben unseren Alkoholpegel. In dieser bar machten wir die Bekanntschaft von
Simone und Christina aus dem norddeutschen Flachland. Waren schon 25, ganz nett
und wir verabredeten uns mit ihnen Donnerstag um 12 in Lissabon an der
Christusstatur. Von dort ging’s in Joe’s Garage, einem Surferschuppen, und hier
war wirklich was los. Die Leute tanzten wirklich auf den Tischen, die Gäste
wurden wirklich mit Wasser zur Abkühlung vollgespritzt und auch die Musik war
wirklich gut. Dort feierten wir bis um zwei, dann wurden in ganz Lagos die
Bürgersteige hochgeklappt. Auf der Suche nach einer offenen Kneippe trafen wir
eine Gruppe Deutsche vom selben Campingplatz, einer von ihnen kam aus Altheim
bei Darmstadt! Mit ihnen liefen wir zurück und fielen in unsere Zelte.
Tag 26, Mi., 23.08.2000
Martin:
Los! Aufstehen! In 50 Minuten fährt der Zug! Mit dieser Panikmache warf Maggo
uns aus den Zelten, die wir in Windeseile abrissen. Verzweifelt stopften wir
unser Zeug in die Rucksäcke und wollten schon lossprinten. Aufgrund der
Zeitumstellung hatten wir uns aber um eine Stunde vertan, und so saßen wir
ernüchtert auf unseren gepackten Rucksäcken. Um dem ganzen das i- Tüpfelchen
aufzusetzen begann es auch noch zu regnen. Klasse! Kurioserweise hätten wir den
Zug fast deswegen verpasst, weil das Abmelden vom Campingplatz so lang gedauert
hat. Aber schließlich saßen wir im richtigen Zug und kamen nach Lissabon. Was
nicht einfach ist, denn Lissabon liegt an der Mündung eines Flusses in den
Atlantik, ohne Fähre kommt von Süden nicht in die Stadt. Auch im Hafen stand ein
Bus, der uns sofort in ein Hotel brachte. Wir machten noch die Rückfahrt klar
(nicht so einfach: die portugiesischen Eisenbahner streiken ab Freitag!). Danach
ab ins Hotel, schlafen und dann ab ins Nachtleben. Daraus wurde nichts, denn
friedlich schlummerten wir in
Tag 27, Do., 24.08.2000
Martin:
hinein. Als erstes Schließfach suchen und dann lecker frühstücken. Natürlich
waren wir nicht um 12 bei der Christusstatur. Trotzdem schöner Ausblick von
oben. Und Lissabon ist unerwartet groß. Natürlich waren wir auch am Metallding
vor der Statur. An diesem Metallding eben, dass vor jeder Statur steht und das
man einfach gesehen haben muss. Danach sind wir dummerweise Taxi gefahren und
mussten aufgrund diverser Zuschläge einen astronomisch hohen Preis bezahlen. Na
ja, dann sind wir noch ein bisschen durchs Städtchen gestört und abends um 6
ging dann der Zug ab nach Paris. Der war voll, unbequem und laut.
Tag 28, Fr., 25.08.2000
Martin:
Morgens umsteigen in Hendaye, Gemeinschaftsmedizin nehmen von Imodium. Da
Maggus und Maggo nicht ganz so schlimm dran waren wie Sebl und ich, hat Maggus
jetzt auch Verstopfung.
Die letzten 2 Tage fehlen leider noch, werden aber bestimmt noch eingefügt.