Interrailtour 2001
Schottland, England, Irland
Tag 1 Sa 08.09.2001
Panik
mb:
07:53. Wir besteigen den ersten Zug. Wir, das sind diesmal Philip,
Martin, ich (Marcus) und als absolute Innovation Tom. Da ich schon mehrfach
von Philip kritisiert wurde, weil ich zu langsam schreibe, geb’ ich das Buch
mal weiter.
pl:
Das mit der Panik stimmt nicht so ganz, der Start verlief ungewohnt
relaxed, fast schon lässig. „Kritisieren“ stimmt übrigens auch nicht, besser
wäre „sesamstrassenartiges Witzeln“ (z.B. Rheinstrasse => Rausstrasse).
Alles in allem ist die Stimmung aber sehr gut. Eine Mischung aus Vorfreude
auf Schottland und Vorfreude auf das Kölsch, das Krissi uns in Köln am
Bahnhof bringt. Ausrüstungsmäßig sind wir besser denn je drauf.
Goldstar-Interrail-Freak Maddin D. wäre ein gemachter Mann, würde er sein
Hochleistungsequipment in Kronjuwelen aufwiegen lassen. Nachher mehr, jetzt
fahren wir erstmal nach Siegen und das werden wir auch.
md:
Das mit der Panik kommt bestimmt. Wenn z.B. heute Abend zum ersten Mal
der „Masterplan“ greift. Oder wenn in Schottland die erste Mücke auftaucht.
Oder wenn Philips Selbstzerstörungssequenz erst in 67 Jahren, 8 Monaten, 3
Wochen, 6 Tagen, 15 Stunden und 9 Minuten greift. (gesagt am: 8.9.2001,
09:26 Uhr). Außerdem sortiert er gerade lecker Knorr-Fertiggerichte und
streitet sich mit Marcus über die Preise von Kaschmir-Betten und Sitzkissen
zur „Happy Hour“. Ist ja auch mal so ein nettes Thema.
tz:
Butzbach, eine Stadt wie jede andere auch, nur, dass wir hier länger
halten, was sie zu etwas besonderem macht. Ohne Frühstück ist das leider
nur halb so schön. Ist aber mein Problem. Witze sind flach!!! Zeichensetzung
mangelhaft!!! Wortwahl auch!!! Ausrufezeichen erst Recht!!! Widme mich der
FAZ…angenehm.
mb:
Ein paar Sachen gibt es noch zu sagen:
- Wir führen das Actionpunkt-System wieder ein,
d.h. für besonders krasse Aktionen gibt es Actionpunkte. Für Aktionen, die
den eigenen Tod zur Folge haben, gibt es, wie immer, den goldenen
Actionpunkt. (siehe auch Pyrenäentour 2000)
- Der Masterplan (Martin hat ihn schon erwähnt)
tritt immer dann in Kraft, wenn wir keine Übernachtungsmöglichkeit finden.
Dann machen wir einfach durch und schlafen dann im Zug. (siehe
Pyrenäentour)
„Oh, SCHA LA LA LA LAA!“
(gerade sind ein paar Hooligans durch den Zug gefallen.)
- Hab’ ich vergessen. Egal.
pl:
Es ist fast 19 Uhr, nach der üblichen Fährpreis-Abzocke sind wir auf dem
Schiff nach Dover angelangt. Ich kann nur sagen „vom Feinsten“ = Hoverspeed.
Ein Running Gag folgt dem anderen, im Zug nach Oostende verlor Maddin erneut
kurzzeitig seinen Ring, mein Rucksack begrub Marcus und mich bei der Pose
für ein Actionfoto. Brüssel war wie ausgestorben. So ca. 4 Bahnhöfe und 30
Leute haben wir dort gesehen. Da sehnten wir uns direkt nach Paradise City.
Ebenfalls in Belgien liegt der pitoresque Ort „Erps-Kwerbs“, der allerdings
nur dem Namen seine Bedeutung verdankt. Am Hafen flüchteten wir vor den
gefürchteten „Wursthunden“, die unsere deutsche Salami vor der Grenze nach
England aufspüren sollten. In Köln trafen wir übrigens Krissi, der uns das
versprochene Kölsch überreichte. Marcus fizzelte ein wenig beim
Interrail-Ticket-Kauf herum, ehe wir doch alle fröhlich und wohlbehalten im
Zug saßen, der uns zur Fähre brachte, die immer noch nicht losgefahren ist.
Ansonsten bleibt festzustellen, dass alle Frauen hier und wahrscheinlich
auch in England ziemlich eklig sind. Jetzt kommt das Safety-Video und es
geht langsam los…
md:
Das Schiff hat abgelegt. Irgendwer hat mal gesagt, Hoverspeed fahren sei
ruhig und angenehm, wie im Flugzeug; ist es auch. Wie in einem Flugzeug
dessen Pilot verzweifelt versucht von einem Luftloch ins nächste zu fliegen,
mit einem Piloten, der auch noch Spaß daran hat seine sadistische Ader
auszuleben und seine magenkranken Passagiere auf diese Weise zu
malträtieren. Hier auf diesem Boot liegt es wahrscheinlich daran, dass der
englische Kapitän zuviel belgisches Bier konsumiert hat. Weil es ja so
billig ist. Vielleicht hat der Katamaran auch einen Tragflügel verloren und
das Schiff fährt nur mit einem. Vielleicht ist aber auch einfach Queen Mum
am Steuer. Vielleicht ist aber auch einfach raue See. Oder im Ärmelkanal
gibt’s Schlaglöcher. Wie auch immer, man kann das Schaukeln ignorieren,
indem man sich einfach Teile von Heizungsrohren durchs Ohrläppchen steckt
oder indem man Trick N35 anwendet.
pl:
MASTERPLAN-Deluxe! Die Nacht war krass, doch der Reihe nach. In Dover
Ferrystation angekommen, ignorierten wir ganz deutsch halt den Shuttlebus
zum Bahnhof und gingen stattdessen zu Fuß. Nur wohin? Ein
englischer Passant meinte sinngemäß: „Right, left,
climb the hill, run the field, swim through the sea,... and there you will
find the station. But why don’t you actually take the bus?”
Da wir Philipp Lansdell-Smith per Handy nicht erreichen konnten, nahmen
wir den Zug nach London, wo wir gegen Mitternacht ankamen. Nur wohin? Zu
Seal konnten wir nicht da seine Fenster nicht funktionierten. Also
Masterplan? Tom drängte auf Herberge-Suchen und nach abenteuerlicher Reise
durch London inkl. U-Bahn-Sperrstunde und MEGA-vollem Doppeldeckerbus
standen wir am Kings Cross, wo es viele Jugendherbergen……geben sollte. Um
2:15 hätten wir für 15 Pfund eine Unterkunft haben können, doch entschieden
wir uns mit 3:1 Stimmen für den „Masterplan-Deluxe“ vor der Kings Cross
Station. Das hieß durchmachen unter Pennern, Dealern und Bettlern mit der
Option auf Ausschlafen am nächsten Nachmittag in einer Herberge. 15 Pfund
für 7 ½ Stunden Herberge sind halt wirklich zuviel. 15 Pfund für 24 Stunden
am nächsten Tag jedoch ein Schnäppchen, so war meine Rechnung.
Tag 2 So 09.09.2001
pl:
Der Freund hieß Zeit, der Feind Müdigkeit. Einschlafen konnten wir uns
zwischen all den komischen „potentiellen Dieben“ nicht erlauben, während
die Zeit für uns lief. Es konnte nur besser werden als im Siff unseres
ersten Londoner Lagers, wo wir sogar einen Schusswechsel und Bobby-Auftritte
miterlebten. Um 5:30 Uhr konnten wir in die Station, machten uns dort
„frisch“, froren etwas rum und kämpften gegen die Müdigkeit. Dann machten
Maddin und Marcus gegen 7 Uhr den Deal mit der Herberge, wir „kauften“
Reservierungen direkt nach Perth for free (!), was die erste echt gelungene
Aktion war und störten schließlich durch London. Dabei hatte Maddin Einfälle
á la „Du siehst aus wie Goofy – er macht Picknick (zu Tom)“. Jetzt sitzen
wir seit 10 Uhr in der Herberge und können ab 12 Uhr auf die Zimmer – viiel
schlafen. Montag abend haben wir ja auch Nachtzug und damit Schlafplätze
soweit dass Auge reicht.
Tag 3 Mo 10.09.2001
tz:
Nachtrag: Auf der Fähre: Junge will Mädchen imponieren und rennt über
einen erhöht liegenden Gang vor uns. Fliegt dabei voll auf die Fr… Die
Passagiere lachen und das Mädel flieht. Nach ca. 2 Min. springt der Junge,
der verdeckt lag, plötzlich auf und hat eine Zigarette im Mund. Die
Passagiere klatschen! Da kommt eine Stewardess und da Rauchen verboten war,
versteckt der Typ seine Kippe auf dem Rücken und rennt dabei vor ihr weg…
(bitte vorstellen und den Typen zum Depp des Jahres küren).
In London wurden wir neben „2000 pounds…each“ auch um andere Dinge
gebracht. Z.B. um den Glauben, dass Frauen von mächtigen Politikern (in
diesem Falle Blair) sonderlich Ausstrahlung und Glanz verstrahlen würden.
Niente. Sonst eine echt imposante Stadt, hab’ aber keine Finger mehr zum
schreiben, sondern muss mich gegen schlechte Witze am Band mit Händen und
Füßen wehren…
Ich vergaß: 55047008061. No, 55047008061. Nooo,
5…5…0…4…7…0…0…8…0…6…1.
I read it backwards!!! But, no, I’m in a hotel. In a
hotel. Hootelll, yeah hotel, hotel, yeah!
mb:
Auch auf die Gefahr hin, dass ich das gleiche schreibe wie Tom (ich kann
seine Schrift nicht lesen) möchte ich noch ein bisschen was zu London sagen.
London ist absolut genial und wirklich sehenswert. Auf unserer mehrstündigen
Bus-Erlebnistour durch ganz London konnten wir einige der vielen
Sehenswürdigkeiten anschauen, wenn auch nur kurz. London ist wirklich
saugroß und an einem Tag kaum zu bewältigen.
Beispiele: Westminster Abey, Big Ben, Houses of Parliament, London
Bridge, London Tower, Tower Bridge, ein ägyptischer Obelix...nein äh
Obelisk, Tony Blairs Frau, St. Pauls Church und vieles mehr.
London ist eindeutig eine der schönsten Großstädte, die ich bisher
gesehen habe. Auch London nehme ich neben Stockholm, Berlin, Marrakesch und
Barcelona in den Kreis meiner Lieblingsgroßstädte auf.
Tag 4 Di 11.09.2001
pl:
Die Nacht im Night-Train war zwar erholsam aber nicht
wirklich effektiv, denn geschlafen habe ich nicht. Um 5:45 Uhr waren wir in
Perth. Die Stimmung war zunächst etwas gedrückt, doch langsam wurden die
Launen wieder besser. Unsere Busverbindung von Perth nach Braemar ist
übrigens gefizzelt. Die existiert nämlich gar nicht. Jetzt sitzen wir im Zug
(komfortabel) nach Aberdeen und hoffen, dass von dort ein Bus nach Braemar
oder gar darüber hinaus fährt. In Perth habe ich noch eingekauft, nachdem
ich beinahe 1 Stunde die Stadt erkundet habe. Das war schon ein echter
Kontrast zu London, Perth mutet mit seinen alten Steinhäusern fast an wie
das 19te Jahrhundert. Insgesamt ist der Tech-Level wahrscheinlich höher als
in Nordschweden / Norwegen. Die Leute sind hier oben recht verschlossen und
scheinbar auch ein wenig eigen – im Vergleich zu den
„aufdringlich-arroganten“ Londonern. War ja aber auch zu erwarten.
md:
Als erstes ist zu sagen, dass das Wort „Tech-Level“ hiermit auf meiner
persönlichen Unwort-des-Jahres-Liste steht. Wie auch immer. Von Aberdeen aus
fuhr tatsächlich ein Bus nach Braemer. Die Fahrt erinnerte im ersten Teil
eher an einen gemütlichen Ausflug in den Vogelsberg, Grebenhain, Taufstein,
Kaffeetrinken, Hoherodskopf, zurück nach Hause. Aber nein. Es wurde aber
anders. Die Landschaft erinnerte schließlich mehr und mehr an die Highlands.
Braemar selbst ist ein nettes Touristenstädtchen. Mit netten
Einkaufsmöglichkeiten. Mit netten Toiletten. Den letzten übrigens vor den
Highlands. Aufgrund des großen Andrangs im Café konnte Tom das WC umsonst
benutzen. Zum Lynn of Dee, dem eigentlichen Ausgangspunkt unserer Reise,
mussten wir auch laufen, ein kleines Problem, das ich nicht weiter erwähnt
hatte. Die 10 Kilometer wurden uns aber leicht gemacht, das Wetter war
fantastisch. Wir fanden auch die entlegenste Telefonzelle Schottlands. Bei
einem Anruf bei meinen Eltern erfuhr ich auch von dem Anschlag auf das World
Trade Center und das Pentagon. Sollte das einen Atomkrieg auslösen, sind wir
hier am sichersten Fleck der Erde. Das Gebiet hier ist so abgelegen, hier
findet nicht einmal eine Atombombe hin. Am Lynn of Dee spielten wir Tennis.
Schottisches Tennis. Mit gewaltigen Schlägern aus Holz bespannt mit Draht.
Tannenzapfen als Bällen. Na ja. Schottisch eben. Von dort ging es weiter zur
Derry Lodge, bzw. einer Hütte 200 m davor. War eigentlich aufgrund des guten
Wetters alles angenehm. Dramatisch wurde es erst als mir beim Spülen der
Kochtopf ins Wasser fiel und weggetrieben wurde. Aber ein gewagter Sprung
von Tom ins nicht direkt warme Wasser rettete Topf, Essen der nächsten Tage
und die Situation. Die Nacht war sehr angenehm. Nur nicht für Tom. Der hat
gefroren. Und Philip. Der konnte nicht schlafen. Und Marcus. Der hatte
keinen Platz. Ansonsten war es gut.
Tag 5 Mi 12.09.01
md:
Vorbei mit gutem Wetter. Regen. Und Kälte. Aber wir haben morgens „Neil“
in der Hütte getroffen. Er ist schon seit Mai in den Highlands. Weil er von
London die Nase voll hat. Vielleicht musste er auch an King’s Cross ne Nacht
verbringen. Wie auch immer. Der Weg zur Corour Bothy (7 km) kostete uns den
ganzen Tag. Unter Philips Erklärungen hatte ich die Karte falsch gelesen und
wir waren ins falsche Hochtal marschiert. Dumm. Vor allem bei Regen, Hagel
und durchnässten Klamotten und Schuhen. Aber wir haben es geschafft.
Weiterlaufen wäre nichts gewesen, die Touren auf die Berge rundum hätten so
oder so zu lange gedauert. Aufregend war übrigens der Weg zur Hütte. Man
muss auf dem Weg durch Gelände laufen, das eher an Sumpf als an Highlands
erinnert. Philip kam zuletzt, er hatte länger Pause gemacht. Erstaunlich
war, dass Philip uns über den Fluss zum Weitermarsch aufforderte. Aus Zorn
über uns Weicheier hat er sich schließlich in den Sumpf geworfen. Wir waren
trotz aller Versuche seinerseits nicht zum Weitergehen zu bewegen. Diese
Geschichte hat sich so oder ähnlich abgespielt.
mb:
So ich schreib mal weiter, uaah kalte Hände, kann gar nicht richtig
schreiben. Na ja, im Moment sitzen wir im Corour Bothy, wo wir auch die
Nacht verbringen, was zum Teil auch ganz gut ist. Gut weil: Wir müssen kein
Zelt auf- und abbauen, das Bothy ist wind- und wasserdicht und relativ
gemütlich. Wir haben sogar etwas Gesellschaft. 1.) Ein Wanderer draussen vor
der Hütte in einem Zelt (Cambridge Professor?) 2.) Ein anderer Wanderer, der
mit uns in der Hütte übernachtet. Das ist die Sache, die nicht ganz so gut
ist. Er ist zwar sehr nett und auch gesprächig, aber eben SEHR gesprächig.
Ich versuche ihm gerade zu entkommen, indem ich schreibe, die anderen
spielen Skat. Aber er erzählt und erzählt und erzählt: "...schon x Berge
bestiegen... Höhenmesser ist besonders praktisch... Scotch schmeckt gut...
Hitler war Österreicher... Tony Blair wohnt in Downing Street No 10, not
11... usw. usw. usw..." Na ja, ganz nett, aber mitteilungsbedürftig. Die
Landschaft hier in den Highlands ist übrigens sehr schön, auch wenn es
gelegentlich regnet. Mir gefällts echt sehr gut, auch wenn wir uns verlaufen
haben (siehe Martins Bericht). So oder ähnlich habe ich mir die Highlands
auch vorgestellt. Die Bothys in den Highlands sind übrigens so ähnliche
Hütten wie in Schweden die Fjällstationen oder in den Pyrenäen die Refugés,
nur eben, dass die Bothys leerstehen.
Eigentlich haben wir jetzt schon Tag 9, es ist Morgen, wir liegen im Zelt,
es regnet und wir werden von Moorhühnern angegriffen. Jedenfalls hat sehr
lange niemand was geschrieben, wegen Regen, zu hoher Anstrengung und
fehlender Motivation. Na ja, ich versuch mal die letzten Tage, an denen wir
durch die Highlands gewandert sind, zu rekapitulieren (kann man das Wort
hier eigentlich benutzen?). Also dann:
Tag 6 Do 13.09.01
mb:
An diesem Tag versuchten wir das Aufstehen möglichst lang
herauszuzögern, weil wir nicht mehr mit dem Typ ins Gespräch kommen wollen,
der mit uns die Corour Bothy teilte. Wir haben diesen Mann übrigens "Mr.
Munro" getauft. (Munroes sind die Berge über 3000 feet, benannt nach dem
Bergsteiger, der sie alle erstbestiegen hat. Unser Mr. Munro wills ihm
gleich tun.) Jedenfalls ist Mr. Munro unglaublich nervig. Er war gestern
Nacht rotzbesoffen und hat die ganze nacht gehustet, gegrunzt und gelacht.
Im Schlaf wohlgemerkt. Das Szenario am nächsten Morgen war skuril, fast
schon grotesk. Der Cambridge Professor, der die Nacht im Zelt vor dem Corour
Bothy verbracht hatte, kam rein, um seine Sachen zu packen. Schlagartig
wurde Mr. Munro wach und begann zu reden: "Between Perth and Aberdeen there
is a wildlife zoo which is open for public. There you can see canadian
timberwolves and north american lynx." Cambridge Professor: "Aha." Und ging.
Wir blieben liegen bis auch Mr. Munro aufgestanden und gegangen war, um
seinen Ausführungen über Höhenmesser, Vulkane, Sümpfe, deutsches Bier, sein
Tagebuch und sein vorgestriges Abendessen zu entkommen. Das hieß für uns,
wir machten uns erst recht spät auf den Weg Richtung Ben MacDhui (ein Munro,
der zweithöchste Berg Großbritanniens!). Den wollten wir rauf. Eine relativ
anspruchsvolle Route und vermutlich der härteste Part unserer Wanderung.
Fast schon Pyrenäenstyle. Und deshalb gibt es auch für jeden von uns einen
Actionpunkt. Und noch für "Schlafen am Londoner Bahnhof bei einer
Schießerei". Desweiteren bekommt jeder einen halben Actionpunkt für Fish 'n
Chips essen in Braemar. Momentaner Stand: Martin 2 1/2, Philip 2 1/2, Tom 2
1/2, Marcus 2 1/2. Hindus weiterhin 1. Unter Umständen gibt es später noch
einen für Haggis essen. Haggis ist Schafsmagen gefüllt mit Innereien und so
nem Grünzeug. Aber egal. Die Besteigung des Ben MacDhui war hart, sehr
neblig und verregnet und sehr anstrengend. Aber mir hats gefallen. 1309 m!
Der Abstieg war weit weniger anstrengend und wir schlugen unsere Zelte kurz
überhalb des Loch Avon am Fuß des Ben MacDhui auf. In der Nähe der
sogenannten Shelterstones.
md:
Wie gesagt, der Berg ist nur 1309 m hoch. Deswegen kann da auch kein
Schnee liegen. Es kann auch nicht kalt sein. Oder neblig. Tjaja, das wurde
alles so zu Hause erzählt. Und war alles Quatsch. Das gesamte Cairngorm
Mountains Gebiet liegt ja auch in der subarktischen Klimazone. Das bedeutet:
wenig Niederschlag und beständiges Wetter. Ebenso soll der September die
fünfte Jahreszeit Schottlands sein, mit viel Sonne, mehr zumindest als im
Rest Europas. Wenn zumindest diese Information richtig war, dann bin ich
froh, dass wir in den Highlands sind. Das Wetter hier ist also besser als
sonst wo. Da wir aber schon hier Wind, Regen und Hagel hatten, dann müssen
im Rest von Europa wirklich furchtbare Zustände herrschten, mit
katastrophalen Schneestürmen, Überschwemmungen und hohen Niederlagen in
Länderspielen. Die Shelterstones waremn wirklich nur Steinhaufen, unter die
man kriechen konnte, die Mäuse rauswerfen musste, um dann eine unangenehme
Nacht zu verbringen. Wir schlugen unsere zelte also im Talgrund auf und
schlummerten mehr oder weniger in...
Tag 7 Fr 14.09.01
md:
... hinein. Der Morgen brachte eine Überraschung. Sonne. Auf den Felsen
fand man sowohl Platz für ein morgendliches Sonnenbad als auch eine
Toilette. Wir brachen dann zwar spät auf, machten aber früh mittag, so nach
ca. 500 m. Der Platz aber war herrlich. Ein sonnenüberfluteter Sandstrand am
klaren Loch Avon, ringsum die unberührten Berge der Cairngorm. Da erschien
es uns auch nicht schlimm, dass wir auf dem Weg zum Strand durch den kalten
Fluss waten mussten. Um zwölf Uhr ging es dann weiter. Der Weg entlang des
Loch Avon war schwer zu laufen, dafür aber sehr schön. Es blieb sonnig bis
zum Fords of Avon Refuge an einem Kreuzungspunkt von vier Tälern. Dort sahen
wir zum ersten Mal nach zwei Tagen Wanderer. Zwei Stück. In der Ferne. Von
dort ging es, Achtung, im Regen weiter. Die Landschaft wurdeflacher, das Tal
breiter. Nach kurzem Verwirrspiel wegen unerwartetem Beginn der Forststraße
(sowohl Forst als auch Straße sind in diesem Zusammenhang Begriffe, die mit
Vorsicht zu genießen sind) erreichten wir gegen 17 Uhr schließlich die
Faindouran Lodge, eine Bothy, die trotz angrenzenden Ruinen, nassen Wänden
undMäusen recht komfortabel ist. Wir beschlossen hier die Nacht zu
verbringen, bei Regen, Kälte und Wind wollten wir nicht mehr weiterlaufen.
Hier kam es auch zum Streit, da Philip und Tom die Tour verkürzen und
schnell in die Zivilisation zurückwollten, Marcus und ich allerdings die
Tour wie vorher besprochen zuende bringen wollten. Wir fanden einen
Kompromiss und verkürzten den Weg über Big Brae und Big Avon. Nachdem die
Wogen geglättet waren, spielten wir Karten und machten es uns auf den
Tischen bequem, wegen der Mäuse wollten wir nicht auf dem Boden schlafen.
Tag 8 Sa 15.09.01
md:
Die Nacht war ... scheiße. Vor allem für Marcus und mich. Marcus schlief
auf einem Tisch, dessen Oberfläche ungefähr 1 m² groß war. Und ich hatte die
tolle Idee einen schmalen Tisch aus der nassen Ecke rauszuholen und es mir
mitten im Raum auf diesen 50 cm Breite gemütlich zu machen. Unausgeschlafen
ging es weiter zum Linn of Avon. Das Wetter war gut, was bedeutete, das es
nur gelegentlich regnete. Vom Linn of Avon sollte es um 13 Uhr noch auf den
Big Brae gehen. Daraus wurde aber nichts, weil Tom keinen Bock hatte. Wir
anderen wollten ihn aber auch nicht 1 1/2 Tage allein ohne Karte in die ach
so von ihm ersehnte Zivilisation lassen, aber andererseits die sowieso
bereits verkürzte Route nicht vollends vorzeitig beenden. Wir taten also
eine Stunde nichts. Nur warten. Im Endeffekt liefen wir dann doch los
Richtung Gipfel, pünktlich bei einsetzendem Regen. Der Gipfelsturm wurde
dummerweise wortwörtlich, denn ab 800 m wehte es so heftig, dass selbst
Nordseestürme dagegen wie eine sanfte Brise wirken. Wir kamen trotzdem oben
an. Auf dem Gipfel. Ärgerlich war nur, dass wir wegen dem Wetter sofort
wieder mussten, ansonsten hätte uns der Wind runtergeblasen. Das wäre zwar
nicht so anstrengend gewesen, aber bestimmt schmerzhafter. Noch ärgerlicher
war, dass wir gar nicht auf dem Big Brae waren, sondern auf einem anderen
Gipfel irgendwo auf dem Grat davor. Weiterhin war ärgerlich, dass wir nicht
am Linn of Avon zelten konnten. Hier nämlich schaltete sich der Feind ein.
Der Schrecken der Wanderer. Die Geißel der Interrailer. Der Lord hatte sich
eingeschaltet und seine Gehilfen auf uns los gelassen. Wir wurden freundlich
aber bestimmt von dem Ort verrieben, wo das Land noch rein und grün ist. Wir
wurden zum Loch Builg gejagt. Angeblich nur 2 Kilometer entfernt und leicht
in einer halben Stunde zu erreichen. War's aber nicht. Erstens war der Weg
wesentlich länger und zweitens hat dieser Weg keine geeigneten Übergänge
über den Fluss. Wir liefen also mit hochgekrempelten Hosen und Sandalen
durch das Wasser. Man mag von Kneippbaden halten, was man will. Mitte
September in den Highlands zweimal durch einen Fluss zu waten mag zwar den
Kreislauf anregen, das regt aber dummerweise auch den Körper an sich schnell
mal eine Lungenentzündung zu holen oder zumindest den Bluttransfer in den
ein oder anderen Fußzeh zu stoppen und sich eine kleine Erfrierung zu
gönnen. Wir erreichten Loch Builg dennoch, wo es, Überraschung!, keine
vernünftigen Zeltplätze gab. Außer im Moorhuhnrevier direkt am See auf einem
zwei Meter breiten Uferstreifen mit Kiesuntergrund gab es nichts. Außer
Spinnen. Und wie gesagt Moorhühnern. Und natürlich Regen. Egal. Angenehme
Nachtruhe! Auf dieser schrägen Rutschbahn zum See.
Tag 9 So
16.09.01
md:
Der Lord scheint fürs Erste abgehängt zu sein. Gegen Mittag begannen wir
dann den Rückweg nach Braemar über die sogenannte und bezeichnete
Forststraße, auch die letzten Schergen des Lords, eine Horde von Porkschafen,
fliehen vor unserem entschlossenen Blick auf die Hänge der Berge. Der Weg
war frei nach Braemar! Aber dieser Weg hatte ebenso seine Tücken. Der Pass
lag auf windigen 780m. Noch einmal hatten wir von dort oben herrliche
Ausblicke über die Highlands und auch die Bergkette des Ben Avon, deren
oberer Teil komplett in den Wolken hing. Die nächste Bothy erreichten wir
ohne Probleme. Gerade als wir dort ankamen, maschierte eine alte Wanderin
fort. Die Hütte war zu. Ob die Frau das auf Anweisung des Lords getan hat,
wissen wir nicht. Der Abstieg verlief unproblematisch. Die Landschaft war
schön, aber weitestgehend unspektakulär. Jetzt hieß es auslaufen und einen
angenehmen Lagerplatz finden. Den fanden wir auch in einem Wald oberhalb von
Braemar, die Stadt war schon unten im Tal zu erkennen. Unsere Zelte schlugen
wir unter einigen urwüchsigen Pinien auf. Philip und Marcus kundschafteten
schon einmal den weiteren Weg aus, was einige Stunden in Anspruch nahm. Kurz
bevor Tom und ich die Signalraketen zünden und den Einsatzbefehl an die
Hubschrauberstaffeln und Suchhundeformationen geben konnten (naja, eher
bevor wir uns schlafen legen wollten), kamen die beiden zurück. Das Wetter
war an diesem Abend wirklich einigermaßen sonnig, auch Fliegenameisen
konnten uns den Sonnengenuss nur gering vergällen. Tom und ich beschlossen
den Tag mit 1 Kilo Nudeln, Marcus und Philip mit Sauerkraut.
Tag 10
Mo 17.09.01
md:
Zurück zur Zivilisation. Einerseits ein angenehmes und
erleichterndes Gefühl. Nach Tagen in der Wildnis freut man sich auf
alltägliche Dinge wie warmes Wasser, kohlensäurehaltige Getränke, Zeitungen,
Dusche und warme Betten. Hinzu kommt das Gefühl, dass man 100 km durch die
Wildnis gewandert ist, dass man Berge bestiegen hat und die gesamte Zeit
komplett auf sich gestellt war. Von schönen Ausblicken und angenehmen
Momenten, von dem was man gesehen und erlebt hat, davon kann man träumen und
sich an die Schönheit dieser unberührten Wildnis erinnern. Das ist es auch,
was das "weinende Auge" am Ende dieser Tour ist. Es ist vorbei, man lässt
eine faszinierende Welt zurück und geht zurück in die Zivilisation. Über
dieses Thema könnte ich mich hier sicher lang und breit auslassen, aber ich
glaube nicht, dass das hier der richtige Platz dafür ist, ein Plädoyer über
Natur und Zivilisation, Reizüberflutung und Zivilisationsmüdigkeit zu
schreiben. Aber zurück in die Highlands. Wir laufen also runter ins Tal.
Unerwartet trafen wir auf ein richtiges Märchenschloss und rasteten auf der
Wiese. Marcus und ich wollten uns als Andenken an die Highlands Disteln
mitnehmen. In Braveheart pflückt ein kleines Mädchen William Wallace auch
eine Distel. Das geht gar nicht. Ist viel zu stachelig. Extrem zu stachelig,
ja sogar so stachelig, dass es die Seiten eines Buches durchstößt, wenn man
die Distel darin zum Trocknen reinlegt. Ach ja, Braemar liegt ca. 2 km vom
Schloss entfernt, die nächste Brücke über den Dee ist dummerweise 5 km
entfernt. Also Umweg. Wenigstens fanden wir einen schönen Platz kurz vor
Braemar, um unsere Zigarre zu rauchen. Im Ort liefen wir gleich zur
Touristeninformation, machten den Bus nach Aberdeen klar und schauten uns
Kilts und Tarlan an. Ca. 10 Sekunden. In dieser Zeit war Tom schon
davongeeilt, um endlich Fleisch zu essen. Wohin wussten wir anderen nicht,
also gingen wir englische Hot Cuisine essen. Bei diesem angenehmen Mahl (Fish
& Chips) war klar, dass die Highlands hinter uns liegen.
pl:
Nachdem ich mich seit Tag 4 nicht mehr gemeldet habe, muss ich doch mal
meinen Senf zur Wanderung dazugeben. Ich fand es Viel besser als den
Kungsleden, denn es gab im Prinzip KEINE Mücken in den Highlands. Nur
morgens am Loch Avon und am Ende in dem Wäldchen zum Dee runter gab es
einige Midges. Meine Hauptsorge , die mir gar den Namen "Midge" im Vorfeld
eingebracht hatte, erwies sich also als unbegründet. Zur Tour selbst hat
Maddin ja schon das Allermeiste geschrieben. Einiges stimmt jedoch nicht.
Zum Beispiel die Geschichte vom Moor vor Corrour Bothy (Tag 5). Ich kam
tatsächlich mit einigem Abstand als Letzter zur Hütte, nachdem ich mir noch
an einem Bach Wasser abgefüllt, Vitamin-Drinks gemacht und kurz Pause
eingelegt hatte. So waren die Anderen schon an der Hütte als ich meinen Weg
durch das Moor (aka feuchte Wiesen) zur Brücke vor der Bothy bahnte. Dabei
wollte ich vom Weg aus mit Handbewegungen wissen, ob nicht auch ein
gescheiter Weg zur Brücke verläuft. Meine "Urangst" vor Sümpfen, noch am
Vormittag im morastigen Gelände arg strapaziert, machte sich auch kurz vor
dem Tageszielpunkt bemerkbar. Zwischen Brücke und Hütte lagen noch einmal
300 m Schlamm, die ich mit viel Mühe überquerte. Zwischenzeitlich warf ich
mich gar längs in einen Busch, da ich andernfalls bis zum Knie im Matsch
gestanden hätte. Abseits der Flussüberquerung und sumpfigen Stellen lief es
die sechs Tage über eigentlich ziemlich gut, die Tage waren zwar
streckenweise anstrengend, aber auch sehr schön. Die Landschaft war klasse.
Tom wurde von Stunde zu Stunde missmutiger und trottete meist abgeschlagen
hinterher. Das verschlechterte zwar etwas die allgemeine Stimmung, doch man
muss auch verstehen, dass die Wildnis eben nicht "seine Welt" ist. Sehr
kontroverse Diskussionen gab es, wie Maddin schon angedeutet hat, in der
Frage "Hochgrat oder Forstweg?". Tom war für Forstweg, um möglichst schnell
wieder in die Zivilisation zu kommen (Essen, Bett, Wärme, ...). Ich
schwankte, denn ich wollte Maddin einerseits nicht den geplanten Weg
vermasseln, andererseits fürchtete ich mögliche Schwierigkeiten. Auf dem
Hochgrat war nämlich kein Weg eingezeichnet und die Stell zum Abstieg aus
meiner Sicht nur schwer zu finden. Ich erwartetet starken Nebel und
schlechtes Wetter, ähnlich wie auf dem Ben MacDui. Außerdem war seit eben
jenem Gipfel meine Hose "untrockenbar" nass. Ich lief die zweite Hälfte der
Tour ab Loch Avon mit langer Unterhose + kurzer Hose (+ Regenhose).
Zugegeben ein komischer Anblick, doch was soll man machen. Marcus war für
Hochgrat, Maddin war UNBEDINGT für Hochgrat. Er wollte nach der geskippten
Tagestour nicht noch mehr Zugeständnisse machen, womit er auch Recht hatte.
Jedenfalls gipfelte der Konflikt am Linn of Avon, von wo unser Aufstieg
beginnen sollte. Am Abend hatten wir uns noch auf einen kleinen Kompromiss,
d.h. einen kürzeren Abschnitt auf dem Grat des Ben Avon, geeinigt. Während
Maddin, Marcus und ich jetzt wegfertig waren, stand Tom fast eine Stunde
unbeweglich da und weigerte sich mitzukommen. Erst nach langen, zähen
Verhandlungen begannen wir im Regen den Aufstieg. Da ein Gruppensplitting an
dieser Stelle nicht in Frage kam, Maddin partout hoch wollte und Tom keine
zwingenden, sondern höchstens weiche Argumente wie Unlust oder
"Wildnismüdigkeit" einfielen, war dieser Schritt unausweichlich. Und siehe,
das Problem löste sich von selbst. Der Wind am ersten Gipfel war nämlich wie
schon becshrieben viel zu stark und ließ an einen weiteren Aufstieg,
geschweige denn Zelten auf der Hochebene, nicht im Traum denken. So hatte
jeder was er wollte. Tom konnte etwas schneller in die Zivilisation als
geplant, da wir für den Rückweg nach Braemar jetzt ja den gut ausgebauten
Forstweg nehmen mussten. Wir anderen hatten es versucht und waren halt an
Wind uns Wetter gescheitert. Nebenbei hatte ich mir das Bergtrikot mit
meinem zweiten Erfolg am Gipfel und soliden Leistungen bei den
Zwischenwertungen gesichert. Maddin durfte am Ende wie so oft das gelbe
Trikot des ersten in der Gesamtwertung überstreifen. Eine Ehre, die er sich
mit viel Führungsarbeit in haarigem Gelände (Sumpf :-)) auch redlich
verdient hatte.
md:
Nur noch mal kurz zu Philips Kleidung. "Komischer Anblick" ist ein recht
netter Euphemismus für, Achtung, Wanderschuhe, blaue lange Unterhose,
gelb-grün-blau-weiß karierte kurze Hose, Regenjacke, Nike- Mütze,
Stoppelbart und das verteilt auf über 2 Meter.
pl:
Halt ein komischer, clownshafter Anblick, zugegeben!
md:
Zugegeben, vom praktischen Aspekt war die Kleidung solide. So solide eben
wie ein Clownskostüm im Circus Roncalli.
pl:
Ein Clown, der es warm hat.
md:
Nach diesem kleinen Zwiegespräch geht es nun zurück zu Tag 10. Von
Braemar aus fuhren wir nach Aberdeen. Der Versuch,eine Unterkunft zu
bekommen, wurde erst nach dem dreißigsten Versuch belohnt. Vorher waren wir
abgewiesen worden, meist mit kritischem Blick auf unsere Kleidung. Nach
sechs Tagen Wildnis war auch der Rest unseres Erscheinungsbildes in
schlechtem Zustand. Hinzu kam eine nicht gerade leckere Dunstglocke. Dennoch
bekamen wir zwei Zimmer. Mit Fenster, Dusche, WC, englischem Frühstück und
einer Herbergsleiterin aus dem Land des Lächelns. Frisch gestärkt starteten
wir also in...
Tag 11 Di 18.09.01
md:
Wir fuhren mit dem Zug nach Inverness. Am Bahnhof gab es zwar keine
deutschen Zeitschriften, dafür aber eine Unterkunftsvermittlung. Unser Youth
Hostel lag recht zentral, wurde aber von einem etwas kauzigen Schotten
geleitet. Egal, unser 6-Bett-Zimmer war gemütlich, es gab eine Küche und
einen Aufenthaltsraum mit Internet und Fernseher. Zuerst gingen wir zur
Reinigung, Tom und ich wuschen unsere Klamotten. Mit einer alten Frau gab es
noch ein Verwirrspiel um Philips Größe in Fuß. Wie auch immer, mit frischen
Klamotten und Beute aus dem Supermarkt ging es zur Unterkunft. Inverness ist
eine schöne Stadt. Sehr gepflegt, mit angenehmer Einkaufszone und schöner
Altstadt. Und guten Pubs. Das erfuhren wir aber erst am Abend. Es gab sehr
zu Philips Freude zwei Menüs für 5 Pfund, Touristengruppen aus Mainz,
Fußball (Juve - Celtic 3:2) und Bier von besoffenen Schotten, die es
wiederhaben wollten, als es zu spät war. Und Frauen auf unseren Zimmern.
pl:
Dieser kauzige Schotte der Herberge, den Maddin ansprach, war nach Mr.
Munro bisher die zweitmerkwürdigste Person auf unserer Reise. Er redete
meist unverständliches Englisch und erzählte irgendwelche Insider- Gags,
deren Sinn uns weitgehend verschleiert blieb. Ansonsten ist Inverness in der
Tat eine Reise wert. Auch die Leute in der Herberge waren recht cool. So
trafen wir am Abend nach dem Fußball- Erlebnis im Pub noch auf ein
Studentenpärchen aus Deutschland, das den West Highland Way gewandert war.
Die Bürgersteige werden hier übrigens um elf hochgeklappt, Burger King macht
bereits um acht zu. Alles in allem war dieser Tag der beste Städte- Tag
bisher und erfüllte wie auch die deutsche Reisegruppe alle Klischees.
Persönlich geht es mir nicht so gut. Ich habe am Ende der Wanderung doch
scheinbar schlimmer das Knie verdreht als ich es zunächst annahm. Jedenfalls
kann ich mein rechtes Knie nicht richtig anwinkeln und hinke eigentlich mehr
als ich laufe. Nach reiflicher Überlegung kommt ein Abbruch jedoch nicht in
Frage. Schlimmstenfalls ist es wohl ein Kapselriss im Knie, denn Strecken
und Belasten kann ichs noch problemlos. Die Devise heißt halt schonen,
einschmieren und weiter beobachten.
Tag 12 Mi 19.09.01
md:
Heute gehts zu Nessie! Wir fuhren also mit dem Bus zum
geheimnisumwitterten Loch Ness. Irgendwo in dieser grandiosen Umgebung muss
sich in den Tiefen dieses magischen Gewässers das Ungetüm aufhalten. Um
diesem Phänomen auf die Schliche zu kommen, teilte sich die Gruppe. Tom
versuchte im Museum Neues zu erfahren, während Marcus, Philip und ich uns
aufmachten, um am Urquhart Castle dem Geheimnis ein Stück näher zu kommen.
Soweit die Pläne. Praktisch war die Sache anders. Das Museum lag Kilometer
vom See entfernt, so interessant es auch ist, und die Burg erreichten wir
nach einstündigem Fußweg. Um zu sehen, dass die Burg um ein
Informationscenter erweitert wird. Die Ruine selbst lag zwar malerisch auf
einem Felsvorsprung im See, der Fußweg hatte aber unseren Enthusiasmus
eingedämmt. Naja, ein paar Fotos gabs, vor allem welche, die wir für Japaner
machen mussten. Und einen kleinen Trick von Philip, der mir keinen ausgeben
will (außen, nicht innen). Zudem ist das Loch Ness zwar schön, aber nicht
viel anders als andere Seen und bei weitem nicht mit Loch Avon zu
vergleichen. Müde und um eine Erfahrung reifer (Touristennepp) kamen wir
zurück nach Inverness. Hier trafen wir auf eine Gruppe deutscher Studenten
aus Frankfurt (L1!), die Frank Vogel und Alex Vetter kennen. Alle Nicht-
Deutschen vergraulten wir mehr oder weniger unfreiwillig aus dem
Aufenthaltsraum, da wir Dortmund gegen Liverpool schauten. Die erste
Halbzeit. Unter Protest von Tom. Mit Marcus ging ich dann ins Pub, Philip
kam später nach und mit Guiness und Grolsch verbrachten wir den Abend. Die
Nacht im Pub verbringen geht nicht, da um 23 Uhr Sperrstunde ist. Die
Erfahrung machten auch die Frankfurter und so endete der Abend im
Aufenthaltsraum des Youth Hostel.
pl:
Morgen früh geht es nach Glasgow.
Tag 13 Do 20.09.01
pl:
Scheiden tut weh. Der heutige Tag stand ganz im Zeichen von ZUgfahren,
Glasgow ablaufen und Marcus verabschieden. Er fährt mit dem Nachtzug nach
London, um von dort zurück nach Deutschland zu kommen. Am Sonntag zieht er
nach Darmstadt und am Montag beginnt für ihn die FH. Zu dritt ist es schon
ein komisches Gefühl, ein Trio ist eben kaum noch eine Gruppe. Der Tag
verlief unspektakulär, die Stimmung war irgendwie komisch (= oft benutztes
Wort). Mittags waren wir dick essen in Glasgow in einem Schnellrestaurant.
Das war gut. Die Fast- Millionen- Stadt selbst ist auch ok, obwohl ich eher
eine Abneigung gegen Großstädte habe. Betonblocks, Smogcity, der übliche
Kram. Dann waren wir noch eine Stunde in der National Gallery of Modern
Arts, wo es ziemlich interessant war. Außerdem am Fluss und im Supermarkt.
Jetzt sitzen Tom, Maddin und ich im Zug nach Carstairs, von wo wir wieder
nach England (Crewe) kommen werden. Dann geht es des nachts für uns weiter
nach Holyhead. Ankunft ist 2.14 Uhr. Von Holyhead wollen wir mit der Fähre
nach Dublin. Irland wartet.
md:
So, der alte Sack ist weg. Wurde auch Zeit. Tränen am Bahnhof,
sentimentales Gewäsch. Naja, zugegeben, schon scheiße, dass er gefahren ist.
Jetzt also nur noch zu dritt. Schnüff. Die Zugfahrt wurde noch spaßig. Wir
trafen Mrs. Munro und ihren Sohn, besoffene, lärmende irische Mädels und
einen Soldaten, der von der rasierten Muschi seiner deutschen Frau erzählte.
pl:
Außerdem erzählte er uns, dass seine Frau lange Beine und eine "geile
Sau" ist. Er war schon in München auf dem Oktoberfest und sechs Jahre lang
bei der Army in der Nähe von Bielefeld stationiert. Sehr freakiger,
klischeehafter Soldat. Als wir nach zweimaligem Umsteigen in Carstairs und
Crewe, wo wir auch noch am Bahnhof Fußball spielten, in Holyhead ankamen,
war nochmal viel warten angesagt. Die Drei- Uhr- Fähre war "broken" und man
sagte uns, dass dort ein Feuer ausgebrochen war. Interessant! Insgesamt
warteten wir noch bis 4.30 Uhr in der Früh ehe unser, zugegeben, luxuriöses
Schiff Richtung Dublin ablegt. Nach schlechtem Schlaf, Geldwechselei und
etwas Verwirrung um unseren "Shuttle Bus" (am Ende nahmen wir einen von der
Konkurrenz) saßen wir um 8.30 Uhr im Bus Richtung Innenstadt und freuten uns
auf...
Tag 14 Fr 21.09.01
pl:
Eine Kleinigkeit habe ich noch vergessen, Unser "langhaariger Bombelecher",
den ich scherzhaft nur noch Maddinsche nenne, wurde an Grenzübergängen
konsequent durchsucht, während Tom und ich nur kurz durchgewunken wurden.
Vermuteten die Briten und Iren gar einen Terroristen in unseren Reihen? In
Maddins Dreckwäsche waren jedenfalls keine Waffen versteckt. Glück gehabt.
Dublin ist eine typische Großstadt. Teuer, viel Industrie, Armut und ein
brackiger Fluss sind die Schlagworte, die mir spontan auf den ersten Blick
einfallen. Das typisch irische Flair finden wir wohl erst im Hinterland, in
das wir am Sonntag aufbrechen wollen. Mit der Unterkunft hatten wir Glück.
Direkt am Busbahnhof liegt Isaac's Hostel, wo wir für ca. 10 Irish Pound pro
Nacht (= 25 DM) absteigen konnten. In die Zimmer kamen wir aber erst ab
14:30 Uhr und so störten wir müde und dreckig erstmal durch die Stadt. Außer
einem Besuch in der schönen Christ Church Cathedral un viiiel Fish 'n Chips
passierte allerdings nichts Nennenswertes ehe wir um 14:30 Uhr müde in
unsere Betten fielen.
tz:
Widerspruch zuerst: Dublin war eine tolle Stadt. In der Stadtrundfahrt
haben Martin und ich echt viele interessante Dinge gesehen (Guiness, Modern
Art Museum, Duke of Wellington, ...), vor allem muss man aber das Nachtleben
erwähnen, das Ffm bei Weitem links liegen lässt. Pub an Pub, überall Musik
und Leute - nette Engländerinnen - usw. Auch London war echt "heiß", eine
wirkliche Metropole mit Theatern, Museen, interessanter Architektur und noch
interessanteren Menschen; Werbespruchlike: "Mehr als EINE Reise wert" (TUI
oder so). Auch Inverness, Braemar, Aberdeen, Perth, der Englische Soldat,
... finde/fand ich wirklich genial. Zwar kein Luxusurlaub, wie ich
verwöhnter "Bengel" (Philips Lieblingswort) es mag, aber sehr reizvoll. Auch
die Wildnis und die Entbehrlichkeiten sind ok, wenn man halt Muße für Natur
und Einsamkeit hat. Ich bin hal nicht so der zivilisations- und
großstadtmüde Naturbursche, sondern eher der versnobbte
Mittelstandsjüngling. Deshalb wars zwar ok, aber nicht meine Welt, dann
schon eher der Freitag (Tag 14 - Anm. der Red.), bei dem wir abends das
dublinsche N8leben erkundeten und in einer Art Pubdisco, deren Türsteher uns
trotz Philips "eigenwilliger" Kleidungskombination hinein ließen, bis tief
in die Nacht tanzten und tranken... (heroeic isn't it).
Tag 15 Sa 22.09.01
tz:
Samstags (Tag 15 - Anm. der Red.) unternahmen Martin und ich die erwähnte
Stadtrundfahrt und Philip wurde Reiseleiter - abends das selbe Bild, nur
unterbrochen von einer rasanten Straßenfußballpartie in den Slums von
Dublin. Was zum Teufel ist "The Shawshank Redemption"?
md:
Unser Youth Hostel in Dublin war wirklich angenehm. Es lag relativ
zentral, der Weg ins turbulente Nachtleben war nicht sehr weit und man traf
dort Leute aus allen möglichen Ländern. Ein Pärchen aus Thüringen gab uns
den Tipp, dass der Ring of Kerry sehr schön sein soll, also genau der Ort,
der uns auch in Inverness von den Frankfurtern empfohlen wurde. Während Tom
und ich eine Stadtrundfahrt unternahmen und das Museum für moderne Kunst
nach dem ein oder anderen Umweg besichtigten, kaufte Philip Brot uns Nutella
ein, was an und für sich nichts Spektakuläres ist, nur, dass Philip diese
Artikel fast jeden Tag kauft. Tom und ich genossen abends nochmal das
Nachtleben, doch das mit den Türstehern war kein Problem mehr, da Philip und
damit auch die extravaganteste (hier gleichzusetzen mit gewagte)
Kleidungskombination bereits im Bett bzw. im Kleidersack lag.
Tag 16 So 23.09.01
md:
Während Marcus von Roth nach Darmstadt fuhr, fuhren wir verbliebenen Drei
von Dublin nach Killarney. Die Zugfahrt als solche war äußerst
unspektakulär. Nachmittags erreichten wir unser Ziel und anch einigen
Umwegen auch unsere Jugendherberge, die fest in deutscher Hand war.
Südhessen aus Reinheim waren auf Abschlussfahrt dort. Natürlich gingen wir
auch einkaufen. Philips Supermarktbeute war diesmal um zwei Liter Pepsi
bereichert, ansonsten war der Schokoprinz seinem Einkaufszettel treu
geblieben. Schokoprinz bezieht sich nicht etwa auf sein Nutella, sondern auf
seine Fleecejacke. Die wird seit Inverness von Schokoflecken geziert.
Bleiben da auch drauf. Für Notzeiten. Der kluge Kölner baut vor.
pl:
Jetzt mal Butter bei die Fische. Es gibt viel richtigzustellen, was ein
neckischer kölscher Jung hier etwas verzerrt dargestellt hat. Erstens kauf
ich nicht jeden Tag Nutella, sondern Maddin jeden Tag Käse. Das mit dem Brot
stimmt allerdings, da ich um kalorienmäßig auf meine Kosten zu kommen, jeden
Tag ca. acht Scheiben Weißbrot esse. Was anderes gibts hier ja auch nicht.
Zweitens ist meine Kleidungskombination (Fleece + Jogginghose und das seit
sieben Tagen) zwar nicht unbedingt fürs Pub geeignet, aber dennoch
akzeptabel. Und vor allem bequem. Die Schokoflecken gibt es wirklich, die
sind aber eher unspektakulär im Vergleich zu Maddins zerissener Zip- off-
Hose. Drittens gibt es zu Killarney, d.h. Sonntag (Tag 16 - Anm. d. Red.)
noch einiges anzumerken, was unser Jeck in der Kürze der Zeit vergessen hat.
Zum Beispiel den klischeehaften Abend im irischen Pub, den Tom leider nur
noch vom Kleidersack sprich Bett miterlebte. In just dieses legte er sich
nämlich nachdem Maddin und ich ihn beim abendlichen Essensritual stehen
ließen und sofort ins Pub gingen. Um DROGEN zu konsumieren, wie Tom sagen
würde. Mit dem Abendessen handhaben wir es bislang so, dass Tom ausgeht
(Pizza, Pasta, Burger, ...), während Maddin und ich kochen bzw. Brote
schmieren. Allabendliches "Aneinander- vorbei- Dinieren" ist somit
gesichert. Ansonsten muss ich sagen, dass Killarney bislang mit die beste
Station unserer Reise ist. Wir haben eine klasse Unterkunft für wenig Kohle,
die Reinheimer Mädels sorgen für Abwechslung und die Landschaft hier im
irischen Hinterland ist ebenfalls klasse.
Tag 17 Mo 24.09.01
md:
Und diese Landschaft schauten Philip und ich uns näher an. Tom hatte
keinen Bock darauf und versuchte mit einer Französin anzubändeln. Philip und
ich gingen hingegen sehr strategisch vor, umkreisten die Stadt erst einmal
komplett, um auch ja den besten Weg zum See zu finden. Was wir aber nicht
taten. Traue nicht Philips Kompass. Der See von Killarney ist fantastisch,
in einem schönen Wald gelegen, mit kleinen Inseln und raukarähnlichen
Felsen, im Hintergrund die Berge. Der Eindruck verfliegt, wenn man direkt am
Ufer steht. Die Pfützen dort sehen zwar schön aus, wenn sie so
regenbogenfarben schillern, ansonsten konnten wir nichts Gutes an ihnen
entdecken. Und dann wurden wir von Pferden attackiert. Mein, sagen wir mal,
Respekt war durchaus begründet, denn die Tiere waren über zwei, fast drei
Meter hoch und gehörten einer speziellen fleischfressenden Art an. Aber sie
waren zu langsam. Hoffentlich ist Marcus nicht auch zu langsam auf dem Weg
zur FH, heute schreibt er sich ein.
tz:
Während Martin seine Angst vor Hippus Carnivore auslebte und sein
getreuer Varsalle Schnupfen- Solide- Nationalhymne- Gefizzelt- Techlevel-
Headset- Bengel- Sparbrot- Schokoprinz- "Ich versteh die nicht"- Philip die
Wildnis erkundeten, sorgte ich heroisch für Aussöhnung mit dem Erzfeind. So
wie es die Prophezeiung vorhergesagt hat- oder vielleicht auch Stephen, der
MGM- Löwe aus Dublin. Natürlich habe ich ein besonders repräsentatives
Exemplar der Franken ausgesucht, während Martin es lieber mit "gesunden"
Keltinnen versucht. Die Fränkin aus Paris jedenfalls war: ironisch- witzig,
gebildet, elegant, attraktiv, erotisch, spontan und eine freigeistige
Künstlerin. Die halbe Stunde Gespräch mit ihr war min. so interessant wie
das Museum bei Loch Ness oder das Nachtleben in Dublin. Außerdem hab ich
ihre mail- Adresse..., von wegen versucht! Da ich allerdings ein
treusorgender Ehemann und Vater bin wird es zu nix kommen - auch wenn das
Martin gerne anders sieht!
pl:
So, jetzt hat sich eder mal gerechtfertigt. Aber drei Meter groß waren
die Pferde am See trotzdem nicht. Jedenfalls saßen wir inmitten des
Klärschlamms, der sich rund um den See zog, und machten Rast. Plötzlich
kamen die vier Pferde, die wir schon von Weitem gesehen hatten, langsam und
zielstrebig auf uns zu. Unangenehm, aber witzig. Maddin hatte natürlich
gleich Fracksausen, denn er hielt Pferde bislang immer für gefährliche
fleischfressende Ungeheuer, und nicht für menschentreue, grasfressende
Lasttiere. Wie auch immer, bevor sie einen umrennen oder einem auf den Fuß
latschen, sollte man doch besser die "Flucht" ergreifen. Vergessen hat
Maddin ebenfalls die Szene im Waldstück, wo er mich nachäffen wollte und
sich dafür eine Jacke über den Kopf zog. Wild gestikulierend stolperte er
über den Weg, klopfte sich auf die Oberschenke und versuchte mein Lachen zu
immitieren. Zurück in Killarney trafen wir auf Tom "Mr. President" Zeller
und zwei Reinheimer Mädels, die sich vom Kurs abgesetzt hatten. Nach einer
Partie Rommée, ging es per Zug Tralee weiter. Warum weiß eigentlich keiner.
Wir vermuten, es war der innere Wunsch nochmal zum Atlantik zu kommen. In
der neuen Stadt feilschten wir uns ein günstiges Drei- Bett- Zimmer heraus,
bzw. Tom feilschte es heraus. An dieser Stelle setzt eine Badewannen-
Überschwemmungsgeschichte ein, von der Maddin noch beruíchten wird und der
man besser skeptisch begegnen sollte, wenn man nicht in die Surrealität
abdriften will. Abends spielten wir im "Saloon" der Herberge gediegen Skat.
Schließlich ging Tom noch essen, Maddin und ich begleiteten ihn und
diskutierten bis zum Schluss über Flucht, Wildnis und
Zivilisationsüberdruss.
md:
Hiermit erweitere ich auch die Unwort- des- Buches- Liste. Von Philip
gesagt wurde: "Headset" (als Bezeichnung für das Deckelfach eines Rucksacks)
und "gefizzelt" (für gescheitert oder verbockt). Von Tom wird "werbespruchlike"
aufgenommen. Und nachdem sich jetzt jeder mal gerechtfertigt hat, kanns ja
weitergehn mit dem Bericht: Zurück im Hotel waren wir um kurz nach 23 Uhr,
ein herrenloser Hund, sprich Straßenköter, hatte uns aufgehalten. Zu
erwähnen wäre noch die Flutkatastrophe im Bad. Philip wollte baden. Also
machte er sich angenehmes Badewasser in die Wanne, randvoll. Hinterher stand
das Badezimmer unter Wasser. Nur wie es dazu kommen konnte, ist strittig.
Wahrscheinlich ist Philips alte Wrestling- Leidenschaft neu erwacht, er
kletterte also am Duschvorhang hoch, um dann mit einem gewagten "Move" in
die Wanne abzutauchen. Oder aber er erinnerte sich an seine Ein- Meter-
Brett- Köpper im Schwimmbad und wollte im Badezimmer trainieren. Wie auch
immer, der Aufprall beförderte das wasser aus der wanne auf den Boden und
zerstörte zum Teil die Wanne (Beweisfoto!). Philip hingegen meint, er sein
einfach hinein gestiegen. das Ergebnis aber war das Gleiche, wenn ein 2,01m-
Mann in eine volle wanne steigt, muss das einfach schiefgehen. darüber
nachsinnend schliefen wir ein und erwachten an...
Tag 18 Di
25.09.01
pl:
Um Toms Wunsch gemäß möglichst früh in Liverpool zu sein, ließen wir
Irland bereits heute hinter uns. Erst liefen wir jedoch von Tralee aus 2 km
zum Atlantik. Naja, eher eine schmale Bucht als der weite Ozean, aber wir
können jetzt mit Recht behaupten, dass wir die Highlands mit der irischen
Atlantikküste verbunden haben. Im Regen liefen wir zurück und warteten nach
kleinen Einkäufen auf unseren Zug nach Dublin. In selbigem trafen wir auf
eine Schweizerin, die ebenfalls (alleine) Interrail- Urlaub machte. Sie
gesellte sich für dreieinhalb Stunden zu uns und erzählte Wisenswertes aus
dem idyllischem Alpenstaat. Außerdem spielten wir wie immer Skat. In Dublin
angekommen latschten wir zum Busbahnhof und fuhren nach weiteren eineinhalb
Stunden des Wartens zum Hafen. Um 21.45 Uhr nahemn wir die Fähre nach
Holyhead. So richtig kontrolliert wurden wir diesmal übrigens nicht. Die
Nacht auf Tag 19 verbrachten wir im Zug von Holyhead nach Birmingham, um
dann von 5.21 Uhr ab nach Liverpool "zurück" zu fahren. Dort verlebten wir
einen ungewöhnlichen...
Tag 19 Mi 26.09.01
md:
Bereits vormittags bezogen wir unser Domizil im Highland Home Hotel. Das
Ding hatte mit keinem der drei Begriffe auch nur annähernd etwas zu tun. Es
war eher eine dieser Unterkünfte, in denen sich Männer mit Damenbegleitung
stundenweise einmieten konnten. Das muslimische Betreiberpärchen hatte mit
schlechten Bildern versucht eine Art Südseegefühl zu vermitteln. Es gelang
überhaupt nicht. Die Zimmer bestanden aus bröckelnden Wänden und stinkenden
Teppichen. Durch zerfetzte Jalousien fiel diffuses Licht auf die Betten. Das
Einzige, das einigermaßen annehmbar war, welch Wunder in solchem
Etatblissement, in dem die Klo unter einem zusammenzubrechen drohen. Am
Nachmittag nach unserem Fast- Food- Diner teilten wir uns auf. Tom ging ins
Beatles- Museum und in andere Museen an den Docks, ich von den Docks direkt
in die Innenstadt und zu den Kathedralen und Philip ins Bett. Interessant an
Liverpool ist, dass es hier ein richtiges Chinatown gibt. Abends schließlich
gingen wir wiedervereinigt in die Sportsbar, Tom aß eine "Kleinigkeit" und
wir schauten Fußball. Gegen 23 Uhr lagen wir in den Betten unserer
komfortablen Unterkunft.
Tag 20 Do 27.09.01
md:
Erleichtert verließen wir das Hotel, nachdem in der Nacht einige, sagen
wir mal, komische Geräusche zu vernehmen waren. Dinge wie Wasser, das neben
einer Stromleitung von der decke rieselte oder zusammenbrechende
Treppenstufen hinderten uns nicht am Gehen. Von Liverpool aus ging es nach
Stratford- upon- Avon, dem Geburtsort Shakespeares. PHilip war nicht so
interessiert, deshalb besuchten Tom und ich das Shakespeare Center zu zweit.
Nach einem letzten Einkauf trafen wir uns am Bahnhof. Mit vielen Skatrunden
ging es nach London. Dort verpassten wir unseren Zug nach Dover. Nach einer
wahren Underground- Odyssee erreichten wir den Bahnhof. Der Zug nach Dover
war gestrichen, erst um 22.07 Uhr ging es los. Folglich kamen wir erst kurz
vor Mitternacht in Dover an. Tom trennte sich am Bahnhof von uns. Philip und
ich haben kaum noch englische Pfund und so greift für uns der Masterplan. Im
Moment ist es ca. 2 Uhr morgens und ich sitze an der Strandpromenade. Philip
ist dran mit schlafen und liegt unten am Strand. Hier ist es schön. Es ist
eine sternenklare Nacht, hinter uns sind die weißen Klippen und links am
Hügel liegt die Burg. Hin und wieder läuft mal ein Polizist vorbei und kickt
Steinchen vor sich her. Ich beende den Tag einfach mal hier.
Tag 21 Mi 28.09.01
md:
Die Nacht war angenehm. Am Morgen bekam ich sogar was von Philips
Spaghetteria. Unseren Plan mit Luftmatratzen nach Belgien zu rudern, geben
wir trotz dieser Stärkung auf. Statt dessen liefen wir zum Fährhafen, um zu
erfahren, dass die Fähre nach Ostende nicht um elf, sondern um neun fährt.
Die konnten wir aber nicht nehmen, da Tom noch in seinem Hotel war. Also
fahren wir um elf nach Calais. A short trip to France wie ich unerwartet und
unbewusst Shakespeare zitierte. Wir gaben die letzten Pfund für Getränke
aus. In Calais bestiegen wir den Shuttlebus nach Ostende und dort erwischten
wir noch den Zug nach Brüssel/Köln. Philip sicherte sich mit seinen letzten
Franken noch den Spiegel. In Brüssel selbst gab es einige Verwirrung, von wo
und ob überhaupt ein Zug nach Köln weiterfährt. Auf unserem Weg zum
Südbahnhof schlenderten wir noch zum Männeken Pis und schauten uns die
wirklich sehr schöne Innen-/Altstadt an.
pl:
Schließlich fuhren wir im Nachtzug "Donauwalzer" von der Zudstation (Süd)
Richtung Köln weiter. In unserem Abteil fand sich bald, nachdem Tom wegen
eines Disputs mit mir umgezogen war, eine Frau aus Unterammergau ein. Sie
erzählte, dass sie in ihrer Studienzeit auch oft gewandert sei, z.B. in
Alaska oder den Rocky Mountains. Jetzt arbeitete sie in Brüssel als
freiberufliche Simultandolmetscherin bei der Europäischen Kommission und im
EU- Parlament. Wir plauderten ein wenig über politische Internas aus der
europäischen "Hauptstadt" Brüssel. Sehr interessant und kurzweilig. Die
Fahrt ging dementsprechen schnell rum. Kurz vor Köln fiel Tom ein, dass der
Zug ja auch über Frankfurt/Flughafen fährt und er versuchte Michaela
telefonisch zu aktivieren, ihn dort mitten in der Nacht abzuholen. Das
klappte allerdings nicht. So ging für uns drei der Weg erstmal weiter zu dem
Kölner Café, in dem Krissi arbeitet. Um zwei Uhr brachen wir samt Krissi,
den ich mit Elrond verglich auf Grund seiner Gastfreundschaft, zur WG in der
Iltisstraße auf. Er mit dem Rad Maddin und ich mit der S- Bahn. Tom war
schon gegen zwölf Uhr zu Krissis Bude aufgebrochen, doch mit dem WEG gab es
wie so oft Schwierigkeiten. Jedenfalls trafen wir Tom um 2.20 Uhr an einer
S- Bahn- Haltestelle, wo er sich uns wortlos anschließ. Er hielt, wie sich
herausstellte, die Wegbeschreibung für einen schlechten Scherz. Das einzig
Schlechte war jedoch wieder mal Toms Orientierung (O-Ton: "Ist das der
Weg?"). Am Ende plauderten wir noch lange bei Krissi, ehe Tom nach wenigen
Minuten, ich um 4 uhr und Maddin um 4.30 Uhr in den wohlverdienten Schlummer
fielen.
Tag 22 Do 29.09.01
md:
Der letzte Tag unserer Fahrt. Und der begann mit einer Überraschung, Tom
war bereits vormittags nach Hause gefahren. Als Philip aufwachte, war Tom
schon abfahrbereit im Flur, kurz darauf war er weg. Für mich unverständlich,
er hat sich nicht einmal von mir verabschiedet, er ist gefahren bevor ich
aufwachte. Insgesamt gab es mit Tom einige Differenzen, von sehr
unterschiedlcihen Ansichten, sei es bei Politik oder dem Thema
Naturverbundenheit, bis hin zu Aktionen, bei denen er sich von uns anderen
abkoppelte. Das beste Beispiel war die Besteigung des Ben MacDhui. Philip,
Marcus und ich gaben uns die Hand auf der Gipfelpyramide und selbst auf
ZUruf gesellte sich Tom nicht zu uns, sondern blieb 50 m entfernt auf einem
Stein sitzen. In den letzten Tagen gab es gerade zwischen ihm und Philip
immer wieder Streitereien, seit Tralee war spätestens die Stimmung seltsam.
Der Morgen bzw. Mittag in der WG wurde sehr angenehm. Christian und
Christian aus der WG kommen in drei Wochen mit Philip, Marcus und mir mit
auf die Messe in Essen. Nach lecker Currywurst geht es zurück nach
Gelnhausen, gerade sind wir durch Gießen gefahren.
Der Tag danach (alias
06.12.01) / unvollendet:
mb:
Eigentlich ist es ja gar nicht der erste Tag nach der Reise, sondern
bereits einige Monate später, wie man am Datum oben erkennen kann. Wie vorne
bereits beschrieben, habe ich die Gruppe wegen Beginn meines Studiums
bereits früher verlassen und konnte ledier nicht mit nach Irland, sondern
machte mich alleine auf eine mehr oder weniger ereignisreiche Heimreise, von
der ich an dieser Stelle noch berichten möchte. (Ganz schön lange Sätze) ...
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